Mit den Stahlbeinen
Michael Niemann verlor bei Unfällen beide Beine. Die Rückkehr ins Leben? Ein Kampf
„Ohne meine Prothesen bin ich hilflos“, sagt er . „Meine Frau muss sehr viel für mich tun.“Aber der Jäger gibt nicht auf, im Gegenteil. Er erfindet wassertaugliche Prothesen, mit denen er Flossen tragen kann – „ich wollte im Meer schwimmen.“Er kaufte sich ein geländetaugliches schwimmfähiges Amphibienfahrzeug für die Jagd, das er mit Seilwinden ausstattete, die ihn auf den fahrbaren Ansitz hieven.
Seine geliebte Harley Davidson, die er sich nach dem ersten Unfall gekauft hatte – „ich musste mir nach diesem Tiefschlag diesen Traum einfach erfüllen“, baut er zum Trike um. „So wie ich steigt sicher niemand aufs Motorrad“, sagt er und knickt die Beine aus Stahl mal eben um 180 Grad nach oben. Niemann hat seinen Humor nicht verloren, wahrscheinlich ist es auch so, dass sich ohne Humor solche Schicksalsschläge kaum ertragen ließen.
Ein bisschen so etwas wie Therapie sind auch die Gewehre, die Niemann baut. Ein Großkaliber aus edlem Wurzelnussbaumholz mit Einlegearbeiten aus Gold und keltischen Gravuren für knapp 10 000 Euro ist eines seiner Kunstwerke.
„Mein Leben ist ein anderes geworden“, sagt Niemann. „Alles geht langsamer.“Er habe sich inzwischen daran gewöhnt, dass Leute hinter seinem Rücken tuscheln, heimlich Fotos von ihm machen, sich oft nicht trauen, ihn auf seine künstlichen Beine anzusprechen. Auch dass Kinder ihn „Robotermann“nennen, stört ihn nicht. „Viele verstecken ihre Prothesen, ich nicht. Ich muss mich nicht dafür schämen, dass ich keine Beine mehr habe“, sagt er. „Was andere dazu sagen, interessiert mich nicht.“
Niemann hat gelernt, mit seinem Handicap zu leben. Es ist ein oft mühsames, aber ein mögliches Leben. Nur eines wird für ihn immer unerträglich bleiben. „Wenn ich Motorsägen höre, läuft es mir jedes Mal eiskalt den Rücken hinunter.“