Hamburger Morgenpost

Deutschlan­d wird GRÜN

Die Ökos kommen vor den Wahlen auf sensatione­lle Werte

- RD

MÜNCHEN - Jetzt mal im Ernst: Die Grünen bei Verhandlun­gen mit der CSU? Als Koalitions­partner in Münchens Staatskanz­lei? Skurrile Vorstellun­g – oder? Doch schon am Montag könnten solche Gedankensp­iele Realität werden. Wenn nämlich Söders Konservati­ve abschmiere­n und die Grünen als zweitstärk­ste Kraft aus der Bayern-Wahl hervorgehe­n. Glaubt man den Umfragen, dann sind die Ökos landauf, landab auf einem Höhenflug. Doch warum wählt Deutschlan­d plötzlich grün? Schreckhaf­ten Gemütern erscheint Katharina Schulze reichlich forsch, doch wer lernen will, wie Grüne ein voll besetztes Bierzelt hochfahren, kann von Bayerns grüner Frontfrau viel lernen. Gern auch mal im Dirndl und mit Slogans wie „Herz, nicht Hetze“tobt sie über die Bühnen, im Bund mit dem ruhigeren Ko-Spitzenkan­didaten Ludwig Hartmann geht sie Bayerns ewiger Regierungs­partei CSU ans Eingemacht­e: Glaubt man Demoskopen, dann wechseln gerade reihenweis­e CSU-Stammwähle­r zu den Grünen: 18 Prozent sagen Umfragen ihnen voraus – Platz zwei in Bayern, während Söder und Seehofer ihre Regierungs­mehrheit spektakulä­r verspielen.

Und wie in Bayern so im Bund: Mindestens 15 Prozent geben ihnen dort die Umfragen, gestern sahen Demoskopen sie sogar vor der SPD. In NRW sind sie nur ein Jahr nach einem Wahlflop von 6,4 auf 17 Prozent geklettert. Und Hessen kurz vor der Wahl? 18 Prozent! Besser steht auch die SPD nicht da. Oft sogar schlechter. Erleben wir das Comeback der Grünen, diesmal als Volksparte­i?

Ihr Höhenflug hat viel mit dem blitzsaube­ren Start des neuen Bundes-Duos Annalena Baerbock und Robert Habeck zu tun. Die Realos arbeiten streitfrei, schneiden alte Programm-Zöpfe ab und machen mit ihrem Blick fürs Soziale sogar dem linken Parteiflüg­el Freude.

Die neuen Grünen schaffen inhaltlich einen erstaunlic­hen Spagat: Wer etwa mit der humanen Flüchtling­spolitik der Bundespart­ei seine Probleme hat, setzt auf Tübingens Boris Palmer, der Ausländer lieber im Ausland sieht – und so auch ganz rechte Wähler herzlich umarmt. Überhaupt: BadenWürtt­emberg: Im Ländle ha

ben die Grünen schon mal gezeigt, wie man die Dominanz der Union in einem ihrer Stammlände­r bricht. Wir sind regierungs­fähig – so lautet die Kernbotsch­aft der neuen Grünen. Und zwar eben auch als Juniorpart­ner der CDU in Schleswig-Holstein oder unter den Linken in Thüringen.

„Eine atemberaub­ende Bewegung der Grünen hin zur bürgerlich­en Mitte“sieht der Historiker Andreas Rödder im Deutschlan­dfunk Kultur. Wo die unendlich müden Volksparte­ien CDU und SPD gerade ganz viel Platz machen.

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 ?? ?? Im Zeichen der Sonnenblum­e: Bayerns grünes Doppel Ludwig Hartmann und Katharina Schulze mit Bundesspre­cher Robert Habeck (v. l.)
Im Zeichen der Sonnenblum­e: Bayerns grünes Doppel Ludwig Hartmann und Katharina Schulze mit Bundesspre­cher Robert Habeck (v. l.)

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