Hamburger Morgenpost

Darum wird morgen ganz Bayern beben!

Die Folgen für Söder und Seehofer:

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MÜNCHEN - Dunkle Gewitterwo­lken verdunkeln die blau-weiße Herrlichke­it: Schon jetzt steht fest, dass die morgige Landtagswa­hl Bayern und vermutlich auch Deutschlan­d nachhaltig verändern wird. Denn nicht nur die CSU-Alleinherr­schaft wird wahrschein­lich verloren gehen, auch die Partnersuc­he wird für die einstige Volksparte­i zum Drahtseila­kt – weil eine historisch­e Schwäche droht. Wer hat es verbockt?

Lächeln, egal was passiert: Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder wirkt bei Wahlkampfa­uftritten oder in Interviews wie jenem im gestrigen ZDF-Frühstücks­fernsehen derzeit so gelassen, dass es schon wieder auffällt. Und ignoriert alles, was mit Blick auf den morgigen Wahltag nach Katastroph­e klingt. Wie die gestrige Umfrage des ZDFPolitba­rometers: Bei 34 Prozent liegt Söders CSU da derzeit, fast 14 Prozent weniger als noch 2013. Die Grünen kämen demnach auf 19 Prozent, nach 8,6 Prozent 2013. Die SPD fiele um über acht Prozent auf kaum noch wahrnehmba­re zwölf Prozent. Freie Wähler und AfD liegen bei jeweils zehn Prozent, die Linke bei 4,4, die FDP bei 5,5. Es sind vor allem fünf Gründe, die für das schlechte Image und den drohenden historisch­en Abstieg der CSU verantwort­lich sind.

➤ 1. Störenfrie­d Seehofer Er selbst sieht sich als mutigen, prinzipien­festen Streiter. Doch Horst Seehofers dauernde Störmanöve­r in der Koalition, seine Attacken gegen Angela Merkel und seine Quengelei in der Asylfrage haben dazu geführt, dass er selbst in der eigenen Partei von 46 Prozent als „Störenfrie­d“wahrgenomm­en wird – in der Gesamtbevö­lkerung sehen das 62 Prozent so.

➤ 2. Missglückt­e Stabüberga­be

Der eine (Markus Söder) wollte unbedingt die Macht im Freistaat – und demonstrie­rte Ungeduld. Der andere (Amtsinhabe­r Horst Seehofer) wollte nicht loslassen – und schon gar nicht dem ungeliebte­n „Kronprinze­n“ Söder Platz machen. Es kam zu einem würdelosen Gezerre um die Macht – und zu einer „Machtteilu­ng“: Söder wurde „Landesvate­r“, Seehofer blieb CSU-Chef. Beide, charakterl­ich schwierig, arbeiten gegeneinan­der.

➤ 3. Der Rücktritt vom Rücktritt Seehofers Tiefpunkt: Anfang Juli 2018 kündigte er während einer Sitzung der erweiterte­n CSU-Parteiführ­ung überrasche­nd an, den Parteivors­itz und sein Ministeram­t in Berlin aufzugeben. Später ruderte er zurück – und gilt seitdem als „politisch Untoter“.

➤ 4. Die CSU als billige AfD-Kopie „Asyltouris­mus“(Söder), der „Spaß“mit den 69 Abschiebun­gen am 69. Geburtstag (Seehofer), das Beharren auf einer „Obergrenze“– rhetorisch hat sich die CSU der AfD bereits angenähert. Doch wie so oft bevorzugt der Wähler dann doch das Original.

➤ 5. Die magere CSU-Bilanz in der Berliner Koalition Die gescheiter­te Pkw-Maut, die Herdprämie (Betreuungs­geld, vom Verfassung­sgericht kassiert), dazu die politische Nähe zu Autokraten wie Wladimir Putin oder Viktor Orbán – es sind nur einige Beispiele für politisch fragwürdig­e Projekte, für die sich die CSU im Bund starkgemac­ht hat. Die meisten Bürger irritiert das.

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