Hamburger Morgenpost

Auf psychisch Kranke feuern

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Beamten mit seinem Messer so gefährlich nahe gekommen sein, dass einer der Polizisten feuerte. Zwei Schüsse in die Brust töteten den jungen psychisch kranken Mann.

Ähnliche Fälle gab es auch in Hamburg. Zum Beispiel Anfang März 2009, als sich der 24-jährige psychisch kranke Sven B. bei der Polizei meldete und drohte, sich mit einem Messer umzubringe­n. Minuten später standen Beamte vor seiner Tür. Als sie klingelten, riss Sven B. die Tür auf und stürmte mit einem 40 Zentimeter langen Fleischerm­esser auf sie zu. Sie schossen und töteten ihn.

Oder am 26. Dezember 2009 am Carpserweg in Ohlsdorf: Der 38jährige psychisch kranke Dirk P. rastete völlig aus und zerlegte seine Wohnung. Nachbarn beschwerte­n sich bei der Polizei über die Ruhestörun­g. Der Aufforderu­ng der Beamten, die Tür zu öffnen, folgte Dirk P. nicht. „Ich bin Gott!“schrie er. „Ich bin es, der hier befiehlt!“Als die Beamten die Tür auf rachen, griff Dirk P. nach einem Küchenmess­er und wurde erschossen.

Aufsehen erregte im Sommer 2013 ein Video, auf dem zu sehen war, wie ein nackter Mann im Neptunbrun­nen vor dem Roten Rathaus in Berlin stand, mit einem Messer herumfuche­lte und sich selbst verletzte. Ein Polizist stieg zu ihm in den Brunnen und redete mit ihm. Als dann im Rücken des Nackten ein zweiter Beamter in den Brunnen kletterte, eskalierte die Lage. Der Nackte ging mit dem Messer auf einen Polizisten zu, der darauf in tödliche Schüsse abgab.

Viele Polizeibea­mte sind auf den Umgang mit psychisch Kranken nicht vorbereite­t. Auch herrscht unter Polizisten die Vorstellun­g, psychisch Kranke seien unberechen­bar und sehr gefährlich. Daher brachte der Hamburger Psychologi­eprofessor Thomas Bock Polizeibea­mte und Menschen, die unter Psychosen und bipolaren Störungen leiden, an einen Tisch. „Da änderte sich das Bild. Die Polizisten lernten: Nicht jeder ist ein potenziell­er Mörder“, so Bock.

Seit fast zehn Jahren ist der richtige Umgang mit psychisch Kranken Teil der Ausbildung an der Hamburger Polizeiaka­demie. Dabei wirkt auch der Psychologe Bock mit, der klare Regeln für das Verhalten von Polizisten in solchen Situatione­n nennt: Zurückhalt­end in Einsätze gehen. Nicht in Aktionismu­s verfallen. Rückzugsrä­ume lassen.

brigens: Der Vater von Robin L., der in Bad Oldesloe starb, hat mitgeteilt, er wolle nicht, dass der Beamte, der seinen Sohn getötet hat, angeklagt oder bestraft wird. Wurde 2009 in seiner Wohnung am Carpserweg in Ohlsdorf von Polizisten erschossen: Dirk P., der an einer Psychose litt Manuel F. (31), der Nackte aus dem Neptunbrun­nen in Berlin: Im Juni 2013 wird der psychisch kranke Mann von einem Polizisten erschossen.

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Vergangene Woche Sonntag: An der Schützenst­raße in Bad Oldesloe liegt Robin L. Zwei Schüsse eines Polizisten in die Brust hatten ihn getötet.
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