Mensch, Stöver!
St. Paulis Sportchef über Hamburg, Labskaus, sein Privatleben und den Aufstieg
Während die Kiezkicker seit Freitagmittag im Wochenendurlaub sind, sah sich Uwe Stöver abends noch das U21-Länderspiel zwischen Deutschland und Norwegen in Ingolstadt an. St. Paulis Sportchef gilt als f eißiger Arbeiter. Viel wissen die meisten Fans der Braun-Weißen nicht über den gebürtigen Wuppertaler, der seit einem Jahr am Millerntor tätig ist. Zeit, das zu ändern. Die MOPO am Sonntag erwischte ihn gestern Mittag in seinem Mainzer Wohnsitz, wo er sich mit Gattin Kristina immer wieder auch aus beruf ichen Gründen auf ält. Der 51jährige Ex-Prof von Bayer Leverkusen, Bochum und Mainz spricht über ...
... sein Faible für Hamburg: Wenn ich die Stadt nicht mögen würde, hätte ich meinen Job bei St. Pauli nicht angetreten. Für mich ist wichtig, dass ich mich nicht nur im Verein mit seinen handelnden Personen wohlfühle. Das Gesamtpaket ist wichtig. Hamburg bietet kulturell extrem viel, und ich genieße es, dass die Stadt am Wasser liegt. Ich wohne mit meiner Frau Kristina in Alsterdorf, deshalb habe ich mit ihr schon das eine oder andere Ründchen an der Alster gedreht. ... sein Privatleben: Ich bin das zweite Mal verheiratet. Kristina wird wegen ihrer Lockenpracht ’Momo’ (Roman von Michael Ende, die Red.) genannt. Sie arbeitet in Frankfurt bei der Lufthansa, allerdings zeitlich reduziert. Sie ist 22 Tage im Monat in Hamburg, was natürlich wichtig für mich ist. Aus meiner ersten Ehe habe ich Tochter Pauline. Sie ist 23 Jahre alt und in der Hotelund Gastronomiebranche in Bad Kreuznach tätig. ... seine Charaktereigenschaf en: Ich glaube, dass ich ehrlich, loyal und gradlinig bin. Und ich vertrete meine Meinung. Und mich zeichnet eine gewisse Sparsamkeit aus. Mein Leben besteht nicht aus Saus und Braus. Meine
Frau kauft mir zum Beispiel Hemden von „Hennes & Mauritz“, die oft nur 14,90
Euro kosten.
Aber ich gönne mir auch schon mal was. Am liebsten Dinge aus dem Ausverkauf oder reduzierte Ware. Am meisten Geld gebe ich für Schuhe aus, die müssen ja ein bisschen länger als drei Monate halten .
... seine Hobbys: Für die habe ich wenig Zeit. Aber ich fahre gern Rad und gehe gern Wandern – am liebsten im Urlaub. Ich bin gern in Südtirol auf der Seiser Alm.
... sein Lieblingsessen: Also vorweg: Das Hamburger Labskaus ist nicht so mein Ding! Ich stehe mehr auf Grünkohl. Wenn ich koche, und das tue ich sehr gern für meine Frau und Freunde, dann ist es meist Deftiges: Weihnachten ist meine Gans mit Rotkohl und Klößen. Aber auch Schweinshaxe mit Sauerkraut und Kartoffeln mag ich sehr –
genau wie Schweinebraten mit Kruste und Biersoße.
... seine ersten Gedanken an St. Pauli, als er das Angebot vom Kiezklub bekam: Ich dachte, das ist ein toller Verein mit einer guten Perspektive. Ich war vom ersten Moment an positiv angepikt. Deshalb habe ich auch so schnell zugesagt. Das Gesamtpaket passt. Der Verein ist wirtschaftlich gut aufgestellt, die Substanz in der Mannschaft schien mir trotz schwächerer Phasen in der Vergangenheit vorhanden. Auch die Infrastruktur mit Stadion und Trainingsgelände stimmt. ... die Andersartigkeit des FC St. Pauli: Der Verein ist mit dem Stadtteil fest verbunden, ist andersdenkend und sieht seine Rolle auch über den Fußball hinaus. Projekte und die soziale sowie politische Haltung werden deutlich kommuniziert, St. Pauli übernimmt auch in der Gesellschaft Verantwortung. Ich kenne in Deutschland keinen vergleichbaren Klub. Zudem: Die Bindung der Fans zum Verein ist wie in Schalke und Dortmund unabhängig vom sportlichen Erfolg. ... die schnelle Entlassung von Trainer Olaf Janßen: Nach sieben Spielen ohne Sieg war die Entwicklung als äußerst kritisch zu bewerten. Trotzdem war die Entscheidung schwierig für mich nach nur zwei Monaten im Amt. Denn ich halte Olaf nach wie vor für einen guten Trainer. ... die Abstiegsangst in seiner ersten Saison in Hamburg: Die war da, die Sorge war groß – aber ich hatte bei anderen Klubs schon wesentlich schwierigere Situationen erlebt. Selbst nach dem 1:3 in Regensburg war ich sicher, dass wir es packen. Auch weil die Jungs die Lage verstanden hatten. ... die von ihm verpflichteten Spieler:
Ich bin mit allen Vieren sehr zufrieden. Marvin Knoll und Henk Veerman passen sehr gut zu uns. Genau wie Dimitrios Diamantakos, der zum Ende der vergangenen Saison und auch zuletzt gezeigt hat, was in ihm steckt. Auch Torhüter Korbinian Müller ist für mich ein sehr guter Transfer. ... mögliche Job-Angst im Zuge der Niederlagen-Serie in dieser Saison:
Um meinen Job mache ich mir grundsätzlich keine Sorgen. Angst ist ein schlechter Begleiter. Die Situation war selbstredend nicht schön. Aber es war auch nicht so, dass wir in der Phase durchweg katastrophal gespielt hätten. Nur das 1:3 in Aue war grottenschlecht. Es ist meine Aufgabe, nicht in Hektik und Aktionismus zu verfallen. Sondern sachlich, fachlich und nüchtern zu analysieren und zu reagieren.
... die Chance aufzusteigen: Ich finde es gut, dass wir ambitionierte Spieler auch mit diesem Ziel haben. Wir dahinter tun alles dafür, um bestmöglich abzuschneiden. Unser Ziel bleibt grundsätzlich erstmal ein einstelliger Tabellenplatz. Köln, der HSV und Union Berlin haben die besten Möglichkeiten. Dahinter sind alle Mannschaften bis Platz zwölf in der Lage für eine Überraschung zu sorgen.
Mich zeichnet eine gewisse Sparsamkeit aus. Mein Leben besteht nicht aus Saus und Braus.
Um meinen Job mache ich mir grundsätzlich keine Sorgen. Angst ist ein schlechter Begleiter.