Hamburger Morgenpost

Musterland Bayern

Wirtschaft, Bildung, Wohlstand sind top, doch die CSU hat versagt und wird als politische­r Unruhestif­ter wahrgenomm­en

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„Wer glaubt, nach diesen Landtagswa­hlen zum sogenannte­n Tagesgesch­äft übergehen zu können, begeht einen folgenschw­eren Fehler.“Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU): „Kein einfacher Tag für uns in der Union. MÜNCHEN - Wenn Manager über Bayern reden, bekommen sie leuchtende Augen: Neun Dax-Unternehme­n sind hier ansässig. Von 2010 bis 2017 ist das Bruttoinla­ndsprodukt des Freistaats um mehr als 18 Prozent gewachsen – mit knapp 46 000 Euro liegt die Wirtschaft­sleistung je Einwohner inzwischen rund 16 Prozent über dem deutschen Durchschni­tt. Auch die Beschäftig­tenzahlen sind im Süden der Republik zuletzt überdurchs­chnittlich stark gestiegen und mit einer Arbeitslos­enquote von nur noch 3,2 Prozent herrschte in Bayern 2017 quasi Vollbeschä­ftigung. Heute belegt das Land auch bei Bildung, Patenten, Grad der Digitalisi­erung bundesweit Plätze in der Spitzengru­ppe. Das ProKopf-Einkommen liegt mit 24 016 Euro höher als in jedem anderen Flächenlan­d der Bundesrepu­blik. Der wohlhabend­e Stadtstaat Hamburg übertrifft es mit 24 441 Euro nur geringfügi­g.

Bayern verdankt seinen Aufstieg vom Agrarland zum Industries­tandort einer gigantisch­en Integratio­nsleistung nach dem Krieg: Firmen wie Siemens und Audi zogen aus der sowjetisch besetzten Zone nach Bayern um. Zugleich nahm das Land fast zwei Millionen Vertrieben­e aus dem Osten auf. Die bayerische Regierung erklärte der damaligen Besatzungs­macht USA, dass Bayern die Industriej­obs brauche, um die einheimisc­he Bevölkerun­g und die Neuankömml­inge zu ernähren. Die Amerikaner sahen daraufhin von größeren Demontagen ab und die bayerische Industrie konnte schnell an die Produktion der Vorkriegsz­eit anknüpfen. Dass der frühere bayerische Ministerpr­äsident Edmund Stoiber jetzt ausgerechn­et „mehr als eine Million Menschen“, die „aus allen Teilen Deutschlan­ds in den vergangene­n zehn Jahren“nach Bayern gekommen seien, beschuldig­t, sie verstünden nicht, „welchen großen Anteil die CSU am Erfolg Bayerns habe“, wirkt angesichts der bayerische­n Integratio­nsgeschich­te geradezu paradox. Auch der bayerische Politikwis­senschaftl­er Heinrich Oberreuter hält das für großen Unsinn, „Schmarrn“würde man auf Bayerisch sa-

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Ob Bierzelt, Demo oder Straßenwah­lkampf: Katharina Schulze (33) war in den vergangene­n Wochen und Monaten in Bayern omnipräsen­t.
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