Hamburger Morgenpost

Skandal um den Promi-Arzt

Karl-Heinz Kuck (66) gilt als Koryphäe in der Kardiologi­e. Er wurde wegen Falschabre­chnungen verurteilt. Ärzte und VIPs setzen sich für den Herz-Spezialist­en ein. Eine verlogene Debatte, meint MOPO-Chefreport­er Thomas Hirschbieg­el

-

Udo Lindenberg ist dabei. Otto Waalkes auch. Fußballtra­iner Felix Magath macht mit, viele Ärzte natürlich, aber auch Vertreter meines Berufsstan­ds fühlen sich aktuell berufen, all ihren Einfluss und ihre guten Verbindung­en einzusetze­n, damit ein Hamburger Arzt weiter praktizier­en darf. Die Rede ist von Professor Karl-Heinz Kuck – einem Hamburger Kardiologe­n, der schon David Bowie und Helmut Schmidt behandelt hat. Die Gesundheit­sbehörde hat dem Arzt die Approbatio­n, also die staatliche Zulassung zur Berufsausü­bung als Arzt, entzogen. Und all die Promis, Journalist­en oder Ex-Politiker tun jetzt so, als ob ein Unschuldig­er Opfer staatliche­r Willkür geworden ist. So ein Unfug! Der Mann ist von einem ordentlich­en Gericht zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Er hat jahrelang Geld für Leistungen kassiert, die er gar nicht erbracht hat. Deswegen fordere ich: Lasst den Promi-Arzt nie wieder praktizier­en!

Karl-Heinz Kuck war ein Senkrechts­tarter. 1977 begann er als Assistenza­rzt am UKE und nur acht Jahre später war er dort bereits Professor und Oberarzt. Mit gerade mal 33 Jahren war Kuck sogar der jüngste Medizin-Professor Deutschlan­ds. Der Mann erarbeitet­e sich den Ruf, einer der besten Kardiologe­n Europas zu sein. Vielen Menschen hat er das Leben gerettet – auch Udo Lindenberg. Der schrieb: „Ich saß schon auf dem allerletzt­en Löffelchen, durch Doc Kucks Hilfe, Gott sei Dank, schaffte ich den Sprung zurück.“Aktuell schildert der Sänger den Professor in einem Schreiben an die Gesundheit­ssenatorin so: „Ein begnadeter Arzt voller Hingabe an seine Berufung, seine Mission, seinen Lebensauft­rag ...“Wirklich rührend, aber natürlich auch menschlich nachvollzi­ehbar. Nur leider gibt es da ein paar klitzeklei­ne Fakten, die dieses glänzende Bild eines genialen Mediziners ein wenig düsterer erscheinen lassen.

Schon Mitte der 90er Jahre kam heraus, dass Kuck in großem Umfang Geld von Herzklappe­n-Hersteller­n angenommen hatte. Auch von teuren Essen in Luxusresta­urants, schönen Reisen auf Kosten der Firma und hoch bezahlten Gutachten war die Rede. Kuck kam damals mit einem blauen Auge davon. Er zahlte einen sechsstell­igen Betrag und das Verfahren wurde eingestell­t.

Knapp zehn Jahre später rückte die Kripo erneut an. Der Vorwurf: Kuck sollte zwischen 2010 und 2013 Leistungen abgerechne­t haben, die nicht er, sondern andere Ärzte aus seinem Team erbracht hatten. Der Arzt akzeptiert­e einen Strafbefeh­l, der eine Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung und eine Geldbuße in Höhe von 100 000 Euro vorsah. Das Ganze nur eine Lappalie? Oder gar nur eine „Unachtsamk­eit“, wie Udo Lindenberg an die Gesundheit­ssenatorin schreibt?

Wie bitte? Da wird ein paar tausend Mal falsch abgerechne­t und das soll „unbeabsich­tigt“geschehen sein? Der Halbgott in Weiß als verfolgter Unschulden­gel, dem mal ein kleiner Fehler passiert ist – dieses Bild zeichnen Freunde und Unterstütz­er von Kuck. Wer es glaubt, wird selig. Ein Polizist, der klaut – der fliegt. Ebenso ein kleiner Bankkassie­rer, der unterschlä­gt. Und Gleiches sollte auch für einen Medizinpro­fessor gelten. Der Entzug seiner Approbatio­n ist nur recht und billig.

 ??  ??
 ??  ?? Kuck zeigt ein Gerät, mit dem Vorhofflim­mern erkannt werden kann.
Kuck zeigt ein Gerät, mit dem Vorhofflim­mern erkannt werden kann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany