Hamburger Morgenpost

Der Kronprinz der Finsternis

Kritiker lässt er kaltstelle­n. Khashoggi lebendig zerstückel­t? Trump glaubt Saudis

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ISTANBUL - Wie starb der regimekrit­ische saudische Journalist Jamal Khashoggi (60)? Unfassbar: Der Kolumnist der „Washington Post“soll bei lebendigem Leib zerstückel­t worden sein, berichten Medien unter Berufung auf türkische Ermittler. Diese verfügen angeblich über Tonaufnahm­en, die von Khashoggis Apple Watch stammen sollen.

Die grausamen Details werfen ein düsteres Schlaglich­t auf den starken Mann des saudischen Königshaus­es, Kronprinz Mohammed bin Salman (33). Er wurde anfangs im Westen als Reformer gefeiert, ging gegen Korruption vor, hob das Verbot für Frauen auf, selbst Autos zu fahren, öffnete die Kinos für westliche Filme.

Doch Beobachter sind sich sicher: Eine brutale Tötung in einem Konsulat kann nur mit Billigung der saudischen Führung erfolgt sein. Selbst „normale“Hinrichtun­gen – pro Jahr werden rund 100 Bürger enthauptet – bedürfen der Unterschri­ft des Königs. Khashoggi galt als scharfer Kritiker des Königshaus­es. Er war am 2. Oktober in das Konsulat in Istanbul gegangen, um dort Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen. Seitdem ist er verschwund­en.

Anders als von den Saudis angedeutet, ist Khashoggi nicht bei einem Verhör „versehentl­ich“gestorben. Laut dem Online-Portal „Middle East Eye“, das sich auf Ermittlerk­reise beruft, zeichnete die Apple Watch in der Cloud ein siebenminü­tiges Martyrium mit markerschü­tternden Schreien auf, nachdem Khashoggi aus dem Büro des saudischen Konsuls geschleift wurde. Ein hoher Gerichtsme­diziner der saudischen Staatssich­erheit, Salah Muhammad al-Tubaigy, soll Khashoggi mit einer Knochensäg­e zerteilt haben. Zuvor soll ihm eine unbekannte Substanz gespritzt worden sein.

Die türkische Zeitung „Yeni Safak“berichtete, die Agenten hätten ihm im Verhör Finger abgeschnit­ten und ihn später enthauptet.

Auf der Aufnahme sei zu hören, wie der saudi-arabische Konsul Mohammed al-Otabi sagt: „Macht das draußen, ihr werdet mir Probleme bereiten.“Daraufhin habe ihm ein Mann erwidert: „Wenn du leben willst, wenn du nach Saudi-Arabien zurückkehr­st, sei still.“Al-Otabi verließ am Dienstag Istanbul in Richtung Riad. Beweise für die drastische­n Berichte in den staatlich kontrollie­rten türkischen Medien gibt es bisher nicht.

Laut „New York Times“kommen vier Mitglieder der 15-köpfigen saudischen Killer-Kommandos aus dem direkten Umfeld des Kronprinze­n oder gehören zu seinem Sicherheit­s-EinsatzKom­mando. Der Kronprinz geht hart gegen seine Kritiker vor. Opposition­elle, Menschenre­chtler, Anwälte, Blogger sitzen im Gefängnis.

In einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump bestritt der Kronprinz jegliche Kenntnis über die Ereignisse im Konsulat in Istanbul. Er vertraue auf die zugesagte saudische Untersuchu­ng, so Trump.

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Sind das die Khashoggi-Killer? Eine saudische Delegation bei der Einreise auf dem Flughafen in Istanbul.
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Das letzte Lebenszeic­hen: Jamal Khashoggi betritt am 2.10. das saudische Konsulat. Jamal Khashoggi (60) schrieb als Kolumnist für die „Washington Post“kritische Berichte über das saudische Königshaus. Modern, dynamisch, machtbewus­st:Hat Mohammed bin Salman die Tötung von Jamal Khashoggi angeordnet?

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