Hamburger Morgenpost

Mega-Geschäft mit den Mini-Wohnungen

Boom der teuren Klein-Apartments in Hamburg. Wo die Luxus-Wohnheime geplant sind, wer darunter leiden muss

- VON SANDRA SCHÄFER

Der Markt mit teuren Mikro-Apartments für Studenten und Azubis boomt. Auch in Hamburg schießen solche Wohnheime wie Pilze aus dem Boden. Eine der größten Anlagen mit 777 Wohnungen entsteht gerade in Altona, der Investor plant noch vier weitere Standorte in der Stadt. Das Problem: Während die Zahl dieser Luxus-Apartments rapide steigt, gibt es immer weniger bezahlbare Wohnungen in dem Bereich.

Lichtdurch­flutete Zimmer, schicke weiße Möbel und Laminat in Holzoptik. Dazu Clubräume, Waschkelle­r und Haus-Betreuer, damit niemand je allein sein muss. So wird für die Mini-Apartments „The Fizz“(engl. Schampus) geworben, zu denen auch der riesige Komplex an der Stresemann­straße gehört, wo gerade 777 dieser Kleinstbud­en entstehen.

Die Luxus-Wohnheime gehören zum Immobilien-Riesen Internatio­nal Campus AG, der stolz von sich selbst sagt, dass er einer der größten Anbieter in diesem Segment in ganz Europa ist. Im März übernahm ein Immobilien­fonds die Kontrollme­hrheit über das nehmen mit Si München. Akt ell gehören 3500 Wohnungen zum Portfolio (Berlin, Frankfurt, Wien etc.), 7500 Einheiten sind gerade i Bau, das Ziel 20 000!

Nun hat der Investor auch Hamburg im Visier. Neben dem aktuellen Bau an der Strese sind vier weitere große Projekte in Arbeit, die Grundstück­e sind bereits erworben: am Steindamm (345 Apartments), am Holstenwal­l (240), am Rödingsmar­kt 24) und in der Adenaueral­ee (Büros). Aber obwohl der emestersta­rt erneut gezeigt hat, wie enorm der Engpass an Studenten-Wohnungen ist, können sich weder Mietervere­ine noch Studentenw­erk für das neue Angebot begeistern.

Denn die Mikro-Apartments für Studenten, Azubis und Berufseins­teiger (sogenannte „Young Profession­als“) sind für die meisten jungen Leute kaum erschwingl­ich.

Ein Preisbeisp­iel: Im The Fizz in Berlin-Kreuzberg etwa kostet das kleinste Apartment (17qm) derzeit 623 Euro kalt im Monat. Hat ein Zimmer einen Balkon und liegt im dritten Stock oder höher, so sind es schon 680 Euro. Und es gibt eine Staffelmie­te.

Da sind die Apartments beim Hamburger Studierend­enwerk deutlich günstiger, mit Mieten ab 233 Euro oder im Neubau bei 355 Euro. Und zwar warm und ebenfalls möbliert, mit Internet, Lese-, Musik-, Bar- und Fitnessräu­men, Hausmeiste­r und Tutoren. „Wir sprechen alle Studierend­en an, auch die mit geringen und mittleren Einkünften“, heißt es dort. Die privatwirt­schaftlich­en Akteure hingegen würden sich an Studierend­e aus überdurchs­chnittlich­en Einkommens­gruppen wenden.

Aber auch als Zusatzange­bot für wohlhabend­e Studis bewertet das Studierend­enwerk diese Luxus-Apartments kritisch. Warum? Weil sie den Markt nicht entlasten würden und nicht für sinkende, sondern sogar für steigende Mieten sorgen. „Sie gehen an den Bedürfniss­en und Finanzieru­ngs-Möglichkei­ten des Großteils der Studierend­en vorbei und lassen Hamburg als Standort immer teurer werden“, heißt es beim Studierend­enwerk.

Auch Teile der Politik stehen den Mikro-Apartments kritisch gegenüber. Etwa die Grünen im Bezirk Mitte, wo die meisten dieser Gebäude gerade entstehen (z.B. Smartments Münzvierte­l). „Wir finden diese Wohnform äußerst schwierig“, so Michael Osterburg, BezirksAbg­eordneter der Grünen. „Schon allein wegen der exorbitant­en Quadratmet­erpreise.“Für solche Wohnheime gilt nämlich der Mietenspie­gel nicht.

Die Grünen wollen am liebsten jenseits der aktuell laufenden Planungen keine weiteren Mikro-Apartments in der Innenstadt. „Oftmals entsteht in den Anlagen keine stabile Nachbarsch­aft“, so Osterburg. Das liege zum einen daran, dass dort kaum jemand länger wohnt, zum anderen daran, dass viele an den Wochenende­n gar nicht da sind oder zeitweise auch bei Airbnb untervermi­eten. Auch Firmen mieten solche Apartments für Mitarbeite­r, die nur gelegentli­ch in der Stadt sind. Die Flure bleiben so anonym.

Und die Politik hat wenig Möglichkei­ten, dort in größerem Umfang geförderte­n Wohnraum durchzuset­zen wie den sonst üblichen Drittelmix. Osterburg: „Was wir wirklich brauchen, sind bezahlbare Wohnungen für Familien.“

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Am Holstenwal­l soll ein „The Fizz“(240 Apartments) für „gut verdienend­e Berufseins­teiger, Unternehme­n und Pendler“entstehen (s. oben). Das historisch­e weiße Gebäude wollte der Investor abreißen. Doch da legten Bezirk und Oberbaudir­ektor ein Veto ein.
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An der Stresemann­straße, Ecke Kieler Straße entsteht das größte „The Fizz“mit 777 Mikro-Apartments für Studierend­e, Azubis und Berufstäti­ge. Günstig werden nur die geförderte­n Azubi-Zimmer. Große Fenster, moderne Möbel – so sehen die meisten Apartments von „The Fizz“aus. Größen meist ab 17 qm, Preise ab 600 Euro kalt

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