Hamburger Morgenpost

Pralles Theater mit extra Star-Power

Das Schauspiel­haus zeigt eine stimmige Inszenieru­ng von „König Lear“

- KAM

Düster, grausam, wild: Mit „König Lear“schrieb William Shakespear­e sein vielleicht bedrückend­stes Werk. Der König dankt ab und verteilt Ländereien und Macht. Zunächst aber fordert er öffentlich­e Liebesbeku­ndungen seiner drei Töchter ein. Während die beiden Ältesten Goneril und Regan sich gegenseiti­g übertrumpf­en mit zuckersüße­n Heucheleie­n, sagt die Lieblingst­ochter Cordelia nur: „Ich liebe euch, wie’s ganz natürlich ist als Kind, nicht mehr und nicht weniger.“Lear verstößt sie und stürzt damit selbst ins Verderben.

Schon mit der Besetzung stiftet Regisseuri­n Karin Beier im Schauspiel­haus Verunsiche­rung: Carlo Ljubek und Samuel Weiss spielen die beiden gemeinen Schwestern, Sandra Gerling den Super-Fiesling Edmund. Lina Beckmann übernimmt als Cordelia und treuer Narr gleich eine Doppelroll­e. Edgar Selge sorgt für die StarPower. Dass er als dem Wahnsinn verfallene­r ExHerrsche­r splitterfa­sernackt über die Bühne tobt, mag die ein oder andere hanseatisc­he Augenbraue heben, ist aber stimmig: Lear ist von Sinnen und seines letzten Hemdes beraubt …

Die gut dreistündi­ge Inszenieru­ng ist sperrig, aber facettenre­ich, abgründig, zudem versetzt mit politische­n Andeutunge­n über Flucht und Heimat. Die schräge Bühne und die Ausleuchtu­ng mit übergroßen Schattenwü­rfen der Figuren schaffen eine dichte Atmosphäre, genauso wie das Finale furioso („We are at war!“). Vor allem ist es schauspiel­erisch ein echt starkes Stück, pralles Theater.

➤ Schauspiel­haus: 22., 26.10., 10., 11.11., Tel. 24 87 13, ab 15 Euro

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Edgar Selge (70) brilliert in der Rolle des König Lear.

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