Eine Millionenstadt versinkt
Regierung sucht schon nach neuer Hauptstadt, um Jakarta zu ersetzen
JAKARTA - Indonesiens Hauptstadt platzt aus allen Nähten. Und sie ist dem Untergang geweiht. Denn Jakarta sinkt. Teile der Metropole sacken in einem rasanten Tempo ab, bis zu 25 Zentimeter pro Jahr. Gegen die Überschwemmungen soll eine gigantische Mauer helfen. Indonesiens Präsident lässt bereits nach einer neuen Hauptstadt suchen.
Schon jetzt leben zwischen zwei und vier Millionen der etwa 30 Millionen Menschen im Ballungsraum Jakarta in Vierteln, die tiefer als der Meeresspiegel liegen. Ein Grund für das Absinken ist die mangelnde Infrastruktur: Die privaten Wasserversorger liefern nur 40 Prozent der benötigten Menge. So wird von Haushalten, aber auch bei Bauprojekten, unkontrolliert Grundwasser abgepumpt. Konsequenz: Bodenschichten sacken zusammen.
Besonders stark sinkt der Boden im Norden der südasiatischen Metropole, die aus Tausenden Dörfern zusammengewachsen ist. Für das Meer wird es immer leichter, in Siedlungen vorzudringen. Manche Straßenzüge, auch so schon durch Müll und Kloake belastet, stehen oft tagelang unter Wasser.
Einziger Schutz: Ein bröckelnder Betondeich, der bald durch einen weiteren Wall an der Küste der Javasee abgelöst werden soll. Der „Große Garuda“soll die Stadt vor dem Untergang retten. Denn während Jakarta im Norden in zunehmend rasanterem Tempo im Sumpf des Deltagebiets mit 13 Flüssen versinkt, steigt das Meer jährlich wegen der Klimaerwärmung um drei Millimeter an. 40 Milliarden US-Dollar soll der gigantische Wall gegen Meer und Untergang kosten.
Das vor vier Jahren angeschobene Projekt stößt aber auch auf Widerstand: Anwohner fürchten um ihre Wohnstätten, Fischer um ihr Auskommen. Hinzu kam die Erkenntnis, dass der „Große Garuda“nicht nur Meerwasser fernhalten würde. Die Staumauer würde auch den Abfluss des Drecks verhindern, der die Flüsse belastet.
Am Gelingen der Rettung Jakartas scheint auch Indonesiens Präsident Joko Widodo Zweifel zu haben. Er beauftragte Experten mit der Suche nach einer anderen Stadt, die die Rolle der Hauptstadt übernehmen könnte. Favorit ist Palangkaraya auf der Insel Borneo. Sie hat nur 200 000 Einwohner, aber Platz, um sich auszudehnen. Kritiker gaben zu bedenken, dass Palangkaraya im Landesinneren liegt, also nicht von der See aus zugänglich. Aber das scheint angesichts der Lage von Jakarta wohl eher ein Vorteil.