Hamburger Morgenpost

Grüne: Kommt jetzt das Vollzeit-Parlament?

Zu viel Stress! Politikeri­n wirft das Handtuch – Debatte um neue Verfassung

- MPS

Die Belastung ist groß, für manche zu groß: Stefanie von Berg (Grüne) legt zum 1. November ihr Bürgerscha­ftsmandat nieder, weil sie Familie, Beruf und Politik nicht mehr unter einen Hut bekommt. „Ich will die Reißleine ziehen“, sagt sie – und eröffnet eine Debatte ums Teilzeitpa­rlament.

Die Hamburgisc­he Bürgerscha­ft ist schließlic­h nur ein Feierabend-Parlament. Die Abgeordnet­en treffen die politische­n Entscheidu­ngen also quasi nebenbei zu ihren Hauptberuf­en. Geht’s nach den Grünen, gibt’s hier Änderungsb­edarf. „Die zeitaufwen­dige und anspruchsv­olle Arbeit in einem vermeintli­chen Teilzeitpa­rlament ist auf Dauer kaum mit einem anspruchsv­ollen Führungsjo­b zu vereinbare­n“, so Anjes Tjarks (Grüne). Es sei an der Zeit, die Strukturen zu überdenken.

Das sehen auch die anderen Fraktionen so. „Zeitgemäß ist diese Form des Parlaments nicht mehr“, sagt Sabine Boeddingha­us (Linke). Gerade kleinere Fraktionen, bei denen Abgeordnet­e mehrere Fachbereic­he abdecken müssen, kämen zeitlich in Nöte.

Dem pflichtet auch Anna von Treuenfels-Frowein (FDP) bei. Die Arbeitsbel­astung müsse gesenkt werden, indem etwa die Ausschussa­rbeit novelliert wird. Ein Vollzeitpa­rlament wollen die Liberalen jedoch nicht – und sind damit nicht allein.

„Es wollen nicht alle Berufspoli­tiker werden“, sagt André Trepoll (CDU). Es sei gut, dass die Abgeordnet­en durch ihren Beruf finanziell unabhängig vom Mandat sind. Die Belastung sei aber gestiegen, Abgeordnet­e müssten mehr unterstütz­t werden. Und was sagt die SPD? Die tritt auf die Bremse.

„Für die Debatte über ein Vollzeitpa­rlament wird die Bürgerscha­ft Zeit benötigen, weil sie viele Fragen – etwa zur Parlaments­größe oder zur Einteilung der Wahlkreise – nach sich zieht“, so Dirk Kienscherf (SPD). Übrigens: Damit die Hamburger Bürgerscha­ft ein Vollzeitpa­rlament wird, müsste die Verfassung geändert werden. Dafür benötigt das Parlament eine Zwei-DrittelMeh­rheit – die ist nicht in Sicht.

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Stefanie von Berg (Grüne) legt zum 1. November ihr Mandat nieder.

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