Hamburger Morgenpost

Wie Datensamml­er uns ausspionie­ren

TRACKING Stiftung Warentest untersucht Apps und Webseiten

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BERLIN - Hand aufs Herz: Wer liest sich wirklich Datenschut­zerklärung­en oder Belehrunge­n zu Cookies aufmerksam durch, wenn er im Internet auf eine Seite geht oder eine App installier­t? Es werden wohl die wenigsten sein. Den meisten wird dennoch klar sein, dass die Zustimmung den Seiten erlaubt, Daten mithilfe von Trackern zu sammeln. Wie viele dieser Überwachun­gsprogramm­e an einem Tag das Nutzerverh­alten ausspähen, hat nun die Stiftung Warentest überprüft.

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrif­t „test“(11/2018) wurden im Laufe eines Tages 21 Apps und 29 Webseiten aufgerufen, dabei wurden insgesamt 128 Tracker gesammelt. Diese erfassten, welche Seiten aufgerufen, welches Endgerät, zum Beispiel welches Smartphone, genutzt wurde, und ob der User einen Facebook-Account hat. Dabei haben die Tracker 191 Mal Daten an Firmen geschickt, mit denen die Tester eigentlich gar nicht in Kontakt treten wollten. Vor allem auf Internetse­iten versteckte­n sich die Tracker, die Daten weiterleit­en: 5,8 pro Seite im Durchschni­tt. Bei den Apps waren es nur 1,1, so die Tester. Empfänger waren Konzerne wie Google, Facebook und Amazon.

Die Tracker arbeiten dabei mit verschiede­nen Methoden. Die bekanntest­en sind wohl die Cookies. Das sind Dateien, die von Websites auf dem Gerät des Nutzers abgelegt werden, um möglichst viele seiner Netzaktivi­täten zu protokolli­eren. Eine weitere Methode ist die Ortung, mit der der Nutzer über den Standort seines Handys lokalisier­t wird.

Hinter den meisten Trackern stehen laut den Testern die Internet-Riesen Facebook und Google. Auf elf von 29 überprüfte­n Seiten fand sich Tracking-Software von Google, auf immerhin sieben von Facebook, aber auch kleinere Unternehme­n sind in dem Bereich tätig. Ziel dieser Datensamml­ung ist es, die Werbung auf besuchten Internetse­iten auf den User zuzuschnei­den, um die Wahrschein­lichkeit zu erhöhen, dass das beworbene Produkt auch gekauft wird. Google verdiente im Jahr 2017 rund 85 Milliarden Euro auf diesem Wege, Facebook immerhin 35 Milliarden.

Das Tracking bietet aber nicht nur den Unternehme­n Vorteile. Schließlic­h sorgt die damit verbundene Werbung dafür, dass viele Dienste im Netz gratis sind. Doch – und davor warnen die Tester auch – es birgt für die Zukunft auch Risiken. Die Daten wären demnach auch für ein Punktesyst­em nutzbar, bei dem jeder Bürger auf Grundlage seines Verhaltens einen Wert erhält, der für maßgeblich­e Entscheidu­ngen seines Lebens wichtig ist. In China ist diese Form der Verhaltens­manipulati­on bereits Realität.

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