Daddelei oder echter Sport?
DEBATTE Sollte eSport olympisch werden, sogar staatlich gefördert? Ein Kampf um Anerkennung
Auf ihren Trikots prangen die Logos großer Marken. Autobauer, Getränke-Riesen, TelekommunikationsFirmen, die weltweit agieren. Die Preisgelder bei den Turnieren übersteigen das Jahreseinkommen deutscher Durchschnitts-Haushalte um ein Vielfaches. Computerspielen ist hochprofessionell geworden – und trotzdem ringt die eSport-Szene um Anerkennung. Zumindest in Deutschland.
Computerspiele sind ein Milliardengeschäft. Kaum eine Industrie ist in den vergangenen Jahren so stark gewachsen wie die PC-GameBranche. Ein wesentlicher Zweig sind mittlerweile eSport-Turniere, die über Tage in Großstädten zelebriert werden – mit enormen Einschaltquoten im Internet.
Seit Montag finden in Hamburg in einem Hotel die Ausscheidungskämpfe für das Final-Wochenende der „ESL One“, des größten „Dota 2“-Festivals in Europa, statt. Zwölf Teams sind vertreten. Es geht um ein Preisgeld von 300 000 Euro. In der Barclaycard-Arena werden ab heute die ViertelfinaleBegegnungen ausgetragen. Bis Sonntag wird das Strategie-Spiel „Dota 2“auf höchstem Niveau gezockt. Dazu gibt es allerlei Programm, etwa einen Cosplay-Wettbewerb, bei dem VideospielFans sich als ihre virtuellen Helden verkleiden.
eSport sei Hochleistungssport, sagen Fans und Verantwortliche. Kritiker haben für das Phänomen, das weltweit Zehntausende in große Arenen wie das Londoner Wembley Stadion lockt, meistens nur Spott oder gar Verachtung über. „Schwachsinn“, nennt Uli Hoeneß, Klub-Boss des Fußball-Rekordmeisters Bayern München, die Debatte darum, ob eSport vielleicht sogar olympisch und staatlich gefördert werden sollte. Andere Fußball-Vereine haben dagegen längst eSport-Abteilungen gegründet. Auch manche Fußballer, wie Mesut Özil, betreiben eigene Teams in dem Videospiel „Fifa“, einer virtuellen Fußball-Simulation mit weltweiter Anhängerschaft.
Dabei existieren einige Teams, wie die „Evil Geniuses“aus den USA, die ebenfalls in Hamburg am Start sind und bereits fast 18 Millionen US-Dollar erspielt haben, bereits seit fast zwei Jahrzehnten und damit faktisch länger als mancher Fußball-Bundesligist.
Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte Computerspiele bei der Eröffnung der Gamescom im vergangenen Jahr „Kulturgut“. Der Berliner Forscher Christoph Bareither beschäftigt sich mit Spielen und ihrer Akzeptanz in der Gesellschaft. Für ihn steht fest: Computerspiele sind Teil der alltäglichen Routine.
Dabei sei die Akzeptanz in großen Teilen der Bevölkerung aber noch recht gering im Vergleich zu anderen Sportarten. Bareither: „Sport hat eine lange Tradition als akzeptierter Bestandteil der Gesellschaft. Das hängt auch zusammen mit einer Vorstellung von Gesundheit. Das Sitzen am Bildschirm passt da nicht ins Bild. Der zweite Grund für die noch vorhandene Marginalisierung ist die Gewalt-Frage, die den öffentlichen Diskurs zu dem Thema lange dominiert hat.“
Ob eSport jemals eine ähnliche Akzeptanz wie Fußball erfahren wird, mag Bareither nicht bewerten. Er glaubt: „Das Potenzial vom Computerspielen besteht darin, dass sie Menschen ganz intensive Emotionen erleben lassen. Wer gelernt hat, damit Spaß zu haben, erlebt sie oft wesentlich intensiver als andere Unterhaltungsformen. Computerspiele sind auch viel leichter zugänglich als zum Beispiel Fußball. Man kann sie fast immer spielen, auch mit anderen zusammen.“