Hamburger Morgenpost

Die Messer sind schon gewetzt

Was passiert nach dem Wahl-Debakel in Hessen? Nahles setzt Koalition ein Ultimatum

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BERLIN - Die Ruhe ist vorbei. Bricht nun ein Sturm in der Hauptstadt los? Auffällig oft sind zuletzt Entscheidu­ngen in den drei GroKo-Parteien CDU, CSU, SPD mit dem Hinweis auf die Hessenwahl aufgeschob­en worden. Dabei stehen in allen drei Parteien wichtige Entscheidu­ngen an. Diese werden nun fallen – das könnte an der ein oder anderen Stelle hässlich werden. Denn viele parteiinte­rne Kritiker haben die Messer längst gewetzt.

CSU-Chef Horst Seehofer konnte nach dem Wahl-Debakel in Bayern die Debatte um seinen Rückzug nur mühsam unterdrück­en. Ihm half dabei auch der Hinweis, weitere Unruhe würde nur das Unions-Ergebnis in Hessen gefährden. Dieses Argument zählt nun nicht mehr. Selbst Ministerko­llegen wie Entwicklun­gshilfemin­ister Gerd Müller (CSU) fordern inzwischen eine „Erneuerung auf allen Ebenen“. Diese Stimmen dürften noch lauter werden. Ein Sturz Seehofers würde aber wohl nicht die GroKo gefährden.

Ganz anders sieht es bei SPD-Chefin Andrea Nahles und CDU-Chefin Angela Merkel aus. Die Kanzlerin – gebeutelt durch eine zähe Regierungs­bildung, die Maaßen-Affäre und die Abwahl ihres Vertrauten Volker Kauder – steht gewaltig unter Druck. CDU-Größen zählen sie bereits öffentlich an. Die meisten aber noch im Schutz der Anonymität: „Der letzte Tag, an dem Angela Merkel noch selbst über ihre Zukunft entscheide­n kann, ist der Montag nach der Hessen-Wahl“, lässt sich ein hochrangig­er CDU-Politiker in der „Zeit“zitieren.

Brandenbur­gs CDU-Chef Ingo Senftleben hofft auf einen Personalwe­chsel an der Parteispit­ze und im Kanzleramt: „Zum ersten Mal kann uns ein Wechsel der Kanzlersch­aft gelingen, nicht durch Abwahl, sondern weil die CDU gut aufgestell­t ist.“Die CDU müsse dafür nur den Eindruck vermeiden, „dass es um Einzelpers­onen geht“. Und Merkel selbst? Sie hat angedeutet, im Dezember noch einmal für den CDU-Vorsitz anzutreten. Aber definitiv ist das noch nicht. Bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger für sich will sie sich jedenfalls nicht einmischen, wie sie mit einem etwas schrägen Satz klarmachte: „Alle Versuche, dass diejenigen, die heute oder in der Vergangenh­eit tätig waren, ihre Nachfolge bestimmen wollen, sind immer total schiefgega­ngen. Und das ist auch richtig so.“

Und die SPD? Nahles wirkt schwer angeschlag­en nach dem Unter-20-ProzentDeb­akel. „Der Zustand der Regierung ist nicht akzeptabel“, räumte sie ein. Die Regierungs­beteiligun­g will sie jedoch zunächst fortsetzen, stellte aber ein Ultimatum für die große Koalition. Union und SPD müssten nun einen „verbindlic­hen Fahrplan“vereinbare­n, sagte sie. An dessen Umsetzung bis zur „Halbzeitbi­lanz“der Regierung zur Mitte der Legislatur­periode werde sich entscheide­n, ob die SPD in der Koalition noch „richtig aufgehoben“sei.

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Die Situation für SPDChefin Andrea Nahles dürfte nicht leichter werden.
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In der CDU nicht mehr unumstritt­en: Angela Merkel

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