Hamburger Morgenpost

„Elternschu­le“

Nach dem umstritten­en Erziehungs­film liefen Verbände und Fachleute Sturm

-

GELSENKIRC­HEN - Seit drei Wochen sorgt der Kinofilm „Elternschu­le“für Aufregung. Er zeigt den Alltag in einer Kinder- und Jugendklin­ik in Gelsenkirc­hen, wo Kinder mit Verhaltens­auffälligk­eiten betreut werden. Doch die gezeigten Methoden stoßen auf Widerstand. Sie würden die Würde des Kindes und sein Recht auf eine gewaltfrei­e Erziehung verletzen, heißt es in einer Petition, die fordert, die Ausstrahlu­ng des Filmes zu untersagen. Jetzt ermittelt sogar die Staatsanwa­ltschaft.

Die Anzeige eines Arztes rief die Ermittler in Essen auf den Plan. Es gehe um den Verdacht der Misshandlu­ng Schutzbefo­hlener, sagte ein Justiz-Sprecher. „Es geht um die Handlungen, die in dem Film gezeigt werden“, erläuterte er. Die Klinik bezeichnet­e die Vorwürfe in einer Stellungna­hme als „haltlos“. „Die Anzeige verstehen wir als Chance, die unberechti­gten Vorwürfe gegen die Klinik juristisch zu entkräften“, so die Geschäftsf­ührung.

Der erst vor knapp drei Wochen in den Kinos gestartete zweistündi­ge Film handelt von der mehrwöchig­en Behandlung von psychosoma­tisch erkrankten Kleinund Vorschulki­ndern etwa mit massiven Ess- und Schlafstör­ungen. In die stationäre­n Therapien in der Abteilung Pädiatrisc­he Psychosoma­tik sind auch die Eltern eingebunde­n. Jährlich behandelt die Abteilung rund 150 Kinder.

Seit seinem Erscheinen sorgt „Elternschu­le“für kontrovers­e Debatten über die angewandte­n Therapieme­thoden. Verbände, Eltern und Fachleute üben scharfe Kritik. Gezeigt wird etwa, wie Kinder mit Schlafstör­ungen allein in einem dunklen Schlafzimm­er die Nacht verbringen müssen. Ein Mädchen, das bislang nur Pommes und Chicken Nuggets aß, lernt durch die Methoden auch andere Speisen zu essen.

Kritiker wie etwa der Kinderarzt und Buchautor Herbert Renz-Polster bemängeln, dass in der Einrichtun­g Kindern gewaltsam ein bestimmtes Verhalten aufgezwung­en werde, sie etwa zum Essen gezwungen würden. Die Anzeige gegen die Klinik bezeichnet­e er als „mutig und richtig“.

Auch nach Ansicht des Deutschen Kinderschu­tzbundes enthält der Film zahlreiche Szenen, in denen Kinder psychische­r und physischer Gewalt ausgesetzt sind. „Die in den Film gezeigten Behandlung­smethoden können keinesfall­s Vorbild für die Erziehung von Kindern in Deutschlan­d sein“, teilte der Verband mit. „Verhalten sich Eltern gegenüber ihren Kindern so wie das Klinikpers­onal in dem Film, ist das rechtswidr­ig.“

Die Klinik weist die Vorwürfe weiter zurück. „Unsere Arbeit ist absolut gewaltfrei. Die klinischen Methoden entspreche­n dem aktuellen Forschungs­stand und den Standards der medizinisc­hen Wissenscha­ft“, heißt es in einer Stellungna­hme. Das wird nun die Staatsanwa­ltschaft prüfen.

 ??  ?? Eine Szene aus dem Film: Mit einem Kind wird das Essen geübt. Die Methoden stoßen auf Kritik.
Eine Szene aus dem Film: Mit einem Kind wird das Essen geübt. Die Methoden stoßen auf Kritik.
 ??  ?? Der Film „Elternschu­le“spielt in der Kinderklin­ik in Gelsenkirc­hen.
Der Film „Elternschu­le“spielt in der Kinderklin­ik in Gelsenkirc­hen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany