Es geht nicht um SPD und Union – es geht ums Land!
Männer wie Merz sind keine Chance, sondern eine Gefahr
Ein neuer Messias ist da. Das Volk jubelt auf. Die Linken. Die Rechten. Sie alle scheinen gewartet zu haben – auf diesen Mann mit klarer Kante. Die Hassf gur der einen, der Erlöser der anderen. Friedrich Merz, das alte, neue Gesicht der Konservativen, soll das Land erlösen und aus dem Tal f hren. Aus welchem Tal eigentlich?
Natürlich, die Umfragezahlen sind nicht schönzureden: 25 Prozent für die Union, 13 Prozent für die SPD. Die Parteien der einst Großen Koalition befinden sich in einer extremen, selbstverschuldeten Krise. Der Umgang mit der Causa Maaßen, keine nachhaltige Umweltpolitik, ein kaum erkennbarer Einsatz für geschädigte Dieselfahrer. Die Liste der Fehlleistungen ließe sich fortführen. Warum ein Rechtsruck der Union aber das geeignetste Instrument für eine bessere Politik sein soll, erschließt sich mir nicht.
Mag sein, dass eine stärkere Unterscheidbarkeit von CDU und SPD beiden Parteien bei ihrer Profilierung hilft. Mag sein, dass die CDU abgewanderte Rechte, die zuletzt ihr Kreuz bei der Af machten, zurückgewinnt. Aber ist unserem Land damit geholfen?
Die Sichtweise des hilfreichen Rechtsrucks ist mir eine viel zu parteienzentrierte. Deutschland muss aus keinem Tal herausgeführt werden. Unsere Arbeitslosenquote ist mit 4,9 Prozent die niedrigste seit der Wiedervereinigung, das Wirtschaftswachstum lag im vergangenen Jahr bei starken 2,2 Prozent. Angekurbelt wurde es übrigens auch durch Zuwanderung – zuletzt um 0,2 Prozent pro Jahr, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung veröffentlichte.
Angela Merkels Modernisierungskurs der CDU ist vielen Erzkonservativen zu weit gegangen. Es schaudert sie, dass Homosexuelle heiraten dürfen, dass wir Hunderttausende Flüchtlinge aufnehmen. Unter einem Mann wie Raubtierkapitalist Merz, der 1997 im Bundestag gegen die Straf arkeit der Vergewaltigung in der Ehe stimmte, der den Kündigungsschutz abschaffen und die 42-Stunden-Woche einführen wollte, würden sie sich zu Hause fühlen. Der europaskeptische und sicherheitsfanatische Jens Spahn könnte auch dabei helfen, Wähler bei der Af abzufischen. Die könnten sich freuen, sich künftig nicht mehr als Nazi fühlen zu müssen. Die Rechten wären am Ziel. Koalitionen der CDU mit der SPD oder den Grünen wären undenkbar. Klare Trennung der Parteien. Wunderbar. Auch für die Linken.
Und das Land? Hätten wir mehr Wachstum? Mehr Rechte für Arbeitnehmer? Soziale Ruhe und Gerechtigkeit? Ich habe Zweifel.
Der Autor
FREDERIK AHRENS (38) ist Sportchef der MOPO und wünscht sich, dass das Problem des Rechtspopulismus nicht durch „Bierdeckel-Populisten“bekämpf wird.