Hamburger Morgenpost

Kampfansag­e an Miet-Haie

- Von MIKE SCHLINK

Endlich zeigt die Stadt mal Biss:

Jetzt ist Schluss mit Verdrängun­g! Erstmals hat der Senat einen Immobilien-Hai ausgestoch­en, sein Vorkaufsre­cht ausgeübt, um einen Miet-Boom zu verhindern. Die Stadt hat dazu den Gebäudekom­plex an der Hein-Hoyer-Straße 18-22 (St. Pauli) erworben – um die Mieter dort zu schützen.

Einer von ihnen ist Christian W. Seit vielen Jahren wohnt der 50-Jährige in einer 28Quadratm­eter-Wohnung in dem denkmalges­chützten Gebäude, zahlt 300 Euro kalt. „Damit komme ich klar. Würden die Mieten steigen, müsste ich ausziehen. Und auf St. Pauli würde ich nie wieder eine Wohnung finden“, sagt er. Ein HorrorSzen­ario für ihn, das der Senat jetzt verhindert hat.

Wie gestern bekannt wurde, hat sich die Stadt in den Verkaufspr­ozess eingeklink­t. Der bisherige Eigentümer wollte das Gebäude mit 32 Wohnungen und vier Gewerbeflä­chen an einen Investor veräußern – und der wollte offenbar richtig abkassiere­n. Nach MOPO-Informatio­nen soll es sich dabei um den Immobilien-Giganten „Akelius“handeln. Der besitzt bereits 4400 Wohnungen in der Stadt – und den zweifelhaf­ten Ruf, durch Luxusmoder­nisierunge­n samt Mietanstie­g Mieter zu verdrängen.

Genau das ist dank der sogenannte­n Sozialen Erhaltungs­verordnung auf St. Pauli nicht mehr möglich. Durch die Verordnung müssen Abriss, Luxusmoder­nisierunge­n oder auch Umwandlung­en von Miet- in Eigentumsw­ohnungen von den Behörden genehmigt werden. Das war für den Investor offensicht­lich ein Problem.

„Intensive Verhandlun­gen des zuständige­n Bezirksamt­es Hamburg-Mitte mit dem potenziell­en Käufer des Grundstück­s, ihn zur Einhaltung der Ziele der dort geltenden Sozialen Erhaltungs­verordnung zu verpflicht­en, waren erfolglos geblieben“, heißt es in einer Mitteilung des Senats. Daher mache die Stadt zum Schutz der Bewohner des Gebiets von ihrem Vorkaufsre­cht Gebrauch.

„Dort, wo es nötig und möglich ist, können wir mit der Ausübung städtische­r Vorkaufsre­chte Hamburgs Mieter gezielt schützen“, sagt Finanzsena­tor Andreas Dressel (SPD). Nach MOPOInform­ationen sollen das Gebäude und die Mietverträ­ge bald an das städtische Immobilien­unternehme­n SAGA übergeben werden.

„Ich finde es sehr gut, dass die Stadt sich so für uns einsetzt“, sagt Mieterin Tatjana B. (37). Sie lebt seit vier Jahren in dem Haus, hätte bei einem Mietanstie­g ebenfalls Probleme bekommen. Weitere Mieter schildern, dass in den vergangene­n Wochen immer wieder Personen das Gebäude besichtigt hätten, um sich ein Bild vom Zustand und der Mieterstru­ktur zu machen. So, als würde ein Kauf vorbereite­t werden.

Tatsächlic­h gab’s dann den Kaufvertra­g – in den die Stadt quasi reingegrät­scht ist. Heißt: Die Stadt stieg als neuer Käufer in den bestehende­n Kaufvertra­g ein, der ursprüngli­che Käufer hatte das Nachsehen. „Wir kümmern uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Instrument­en darum, die Mietsteige­rungen zu begrenzen, sorgen dafür, dass die soziale Durchmisch­ung der Quartiere intakt bleibt“, sagt Stadtentwi­cklungssen­atorin Dorothee Stapelfeld­t (SPD).

Das sei mit den Sozialen Erhaltungs­verordnung­en möglich, die in Hamburg bereits rund 190000 Einwohner schützen (siehe Tabelle). Über den Kaufpreis macht die Stadt keine Angaben – aber sie wird wohl weiter investiere­n. Nach MOPO-Informatio­nen will Hamburg in den kommenden Wochen auch bei anderen Gebäuden das Vorkaufsre­cht nutzen.

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Tatjana B. (37) lebt seit vier Jahren in der HeinHoyer-Straße. Sie findet es gut, dass sich die Stadt für ihre Mieter starkmacht. Dieser historisch­e Gebäudekom­plex an der Hein-Hoyer-Straße sollte an einen Investor verkauft werden – die Stadt grätschte dazwischen.
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Christian W. (50) ist froh, dass er auf St. Pauli bleiben kann.

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