Kampfansage an Miet-Haie
Endlich zeigt die Stadt mal Biss:
Jetzt ist Schluss mit Verdrängung! Erstmals hat der Senat einen Immobilien-Hai ausgestochen, sein Vorkaufsrecht ausgeübt, um einen Miet-Boom zu verhindern. Die Stadt hat dazu den Gebäudekomplex an der Hein-Hoyer-Straße 18-22 (St. Pauli) erworben – um die Mieter dort zu schützen.
Einer von ihnen ist Christian W. Seit vielen Jahren wohnt der 50-Jährige in einer 28Quadratmeter-Wohnung in dem denkmalgeschützten Gebäude, zahlt 300 Euro kalt. „Damit komme ich klar. Würden die Mieten steigen, müsste ich ausziehen. Und auf St. Pauli würde ich nie wieder eine Wohnung finden“, sagt er. Ein HorrorSzenario für ihn, das der Senat jetzt verhindert hat.
Wie gestern bekannt wurde, hat sich die Stadt in den Verkaufsprozess eingeklinkt. Der bisherige Eigentümer wollte das Gebäude mit 32 Wohnungen und vier Gewerbeflächen an einen Investor veräußern – und der wollte offenbar richtig abkassieren. Nach MOPO-Informationen soll es sich dabei um den Immobilien-Giganten „Akelius“handeln. Der besitzt bereits 4400 Wohnungen in der Stadt – und den zweifelhaften Ruf, durch Luxusmodernisierungen samt Mietanstieg Mieter zu verdrängen.
Genau das ist dank der sogenannten Sozialen Erhaltungsverordnung auf St. Pauli nicht mehr möglich. Durch die Verordnung müssen Abriss, Luxusmodernisierungen oder auch Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen von den Behörden genehmigt werden. Das war für den Investor offensichtlich ein Problem.
„Intensive Verhandlungen des zuständigen Bezirksamtes Hamburg-Mitte mit dem potenziellen Käufer des Grundstücks, ihn zur Einhaltung der Ziele der dort geltenden Sozialen Erhaltungsverordnung zu verpflichten, waren erfolglos geblieben“, heißt es in einer Mitteilung des Senats. Daher mache die Stadt zum Schutz der Bewohner des Gebiets von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch.
„Dort, wo es nötig und möglich ist, können wir mit der Ausübung städtischer Vorkaufsrechte Hamburgs Mieter gezielt schützen“, sagt Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Nach MOPOInformationen sollen das Gebäude und die Mietverträge bald an das städtische Immobilienunternehmen SAGA übergeben werden.
„Ich finde es sehr gut, dass die Stadt sich so für uns einsetzt“, sagt Mieterin Tatjana B. (37). Sie lebt seit vier Jahren in dem Haus, hätte bei einem Mietanstieg ebenfalls Probleme bekommen. Weitere Mieter schildern, dass in den vergangenen Wochen immer wieder Personen das Gebäude besichtigt hätten, um sich ein Bild vom Zustand und der Mieterstruktur zu machen. So, als würde ein Kauf vorbereitet werden.
Tatsächlich gab’s dann den Kaufvertrag – in den die Stadt quasi reingegrätscht ist. Heißt: Die Stadt stieg als neuer Käufer in den bestehenden Kaufvertrag ein, der ursprüngliche Käufer hatte das Nachsehen. „Wir kümmern uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Instrumenten darum, die Mietsteigerungen zu begrenzen, sorgen dafür, dass die soziale Durchmischung der Quartiere intakt bleibt“, sagt Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD).
Das sei mit den Sozialen Erhaltungsverordnungen möglich, die in Hamburg bereits rund 190000 Einwohner schützen (siehe Tabelle). Über den Kaufpreis macht die Stadt keine Angaben – aber sie wird wohl weiter investieren. Nach MOPO-Informationen will Hamburg in den kommenden Wochen auch bei anderen Gebäuden das Vorkaufsrecht nutzen.