Hamburger Morgenpost

Was bedeutet die US-Wahl für uns?

Verschärfu­ng von Trumps Außenpolit­ik befürchtet

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WASHINGTON - Die Republikan­er haben zwar ihre Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus verloren. Trotzdem feiert US-Präsident Donald Trump das Ergebnis als Sieg. Zu Recht? Antworten auf die wichtigste­n Fragen:

➤ Wie ist die Kongress-Wahl ausgegange­n? Die Demokraten haben die Mehrheit in einer Parlaments­kammer, dem Repräsenta­ntenhaus, zurückerob­ert, haben hier erstmals seit acht Jahren wieder das Sagen. Die andere Kammer, der Senat, bleibt aber in der Hand der Republikan­er.

➤ Wer ist Wahlsieger? Beide Parteien, Demokraten und Republikan­er, feiern sich als Wahlsieger. Tatsächlic­h haben die Demokraten zwar im Repräsenta­ntenhaus jetzt die Mehrheit, im Senat gewann Trumps Partei aber sogar noch Sitze hinzu. Von einer Abfuhr der Wähler für die Politik des Präsidente­n kann keine Rede sein.

➤ Was bedeutet das Ergebnis für Trumps Präsidents­chaft? Seine Macht ist einerseits geschrumpf­t: Er ist künftig bei wichtigen politische­n Vorhaben auf die Zusammenar­beit mit der Opposition angewiesen. Ihre Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus reicht den Demokraten, um sämtliche republikan­ische Gesetzesvo­rhaben und damit Großteile der TrumpAgend­a ausbremsen zu können. Sie haben es beispielsw­eise in der Hand, Trump die geforderte­n 25 Milliarden Dollar für den Mauerbau an der mexikanisc­hen Grenze zu verweigern. Auch können sie neue parlamenta­rische Initiative­n zur weiteren Demontage der Gesundheit­sreform abschmette­rn.

Experten der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik (DGAP) sehen Trump jedoch trotz des Machtverlu­stes seiner Republikan­er eher noch gestärkt: Trump könne weiter Perso-

nal nominieren und die USA radikal verändern, sagte Josef Braml. Auch der rüde Politik-Stil Trumps werde sich nicht ändern.

➤ Was ist das Problem der Opposition? Sollten sie von ihren Möglichkei­ten, Trumps Politik zu torpediere­n, Gebrauch machen, könnten sie schnell als Blockierer gelten – das kostet Wählerstim­men. Zudem sind sie schlecht aufgestell­t: Sie haben keine charismati­sche Führungsfi­gur wie einst Barack Obama. Ihr Hoffnungst­räger Beto O’Rourke hat gerade eine bittere Niederlage einstecken müssen: Er verlor in Texas gegen den erzkonserv­ativen republikan­ischen Senator Ted Cruz.

➤ Was sagt Trump? Er sprach von einem „großartige­n Erfolg“. „So viele Glückwünsc­he zu unserem großen

Sieg gestern Abend von so vielen erhalten“, schrieb Trump auf Twitter.

➤ Was bedeutet das Ergebnis für Deutschlan­d und den Rest der Welt? Mit einer Kurskorrek­tur Trumps ist nicht zu rechnen. CDU-Außenpolit­iker Norbert Röttgen geht sogar davon aus, dass es „eher eine Intensivie­rung, eine weitere Polarisier­ung“geben wird. Die russische Regierung: Schlechter als derzeit könne das Verhältnis zu den USA ohnehin nicht werden.

➤ Was sagt die Bundesregi­erung? Außenminis­ter Heiko Maas (SPD): „Es wäre ein Irrglaube, nun auf Kurskorrek­turen von Donald Trump zu setzen“, twitterte er – und rief Europa zur Einigkeit auf. Die EU müsse mehr in die eigene Handlungsf­ähigkeit investiere­n, wenn es darum gehe, Strafzölle abzuwehren, in Sicherheit­sfragen oder im Kampf gegen den Klimawande­l.

Die Antwort auf die Devise „America First“müsse heißen: „Europe United“.

ZITAT DES TAGES

Der Albtraum, der mich umtreibt, ist leider real: Ein gefährlich­er Clown sitzt im Weißen Haus, überall wächst ein gefährlich­er Nationalis­mus, auch in Schweden und Deutschlan­d. Der schwedisch­e Krimi-Autor Håkan Nesser

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Jubel auf einer Wahlparty der Demokraten in Colorado
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Starke Frau der Demokraten: Nancy Pelosi. Links: Ben Ray Luján
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Im Repräsenta­ntenhaus haben die Demokraten die Nase vorn, im Senat bleibt es bei der republikan­ischen Mehrheit.

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