Neuer Ärger um St. Paulis US-Ausrüster
Kundentermine im Stripclub und sexuelle Belästigungen
Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Vielleicht ist das der Grund, warum der FC St. Pauli seit der Saison 2016/17 vom US-Ausrüster Under Armour (UA) ausgestattet wird. Gemeinsamkeiten haben der Konzern und der Kiezklub im Grunde gar keine, das wurde im Zuge einer Recherche des „Wall Street Journal“einmal mehr offensichtlich.
Der Bericht wird nicht dazu beitragen, die eh schon zahlreich protestierenden Fans von der Richtigkeit der Zusammenarbeit zu überzeugen. Vor zwei Monaten wurde beim Portal „change.org“ eine Petition gestartet mit dem Titel „Keine blutigen Under Armour-Trikots für den FC St. Pauli!“. Kritisiert werden vom Urheber vier Punkte: Dass UA auch die US-Army ausrüstet, dass UA Jagdkleidung herstellt und Jagdshows fördert, in denen erlegte Tiere lediglich als Trophäen gefeiert werden, die angebliche Nähe zur Waffenlobby NRA und quasi „Profitgier“der Klubführung, die nicht auf regionale, nachhaltiger wirtschaftende Sportartikelhersteller setze. Bis gestern haben sich bereits über 52000 Unterzeichner der Initiative angeschlossen.
Dabei wurden zwei Punkte, die die Werte des FC St.Pauli komplett konterkarieren, gar nicht erwähnt. Zum einen die politische Nähe von UA, im Speziellen Firmen-Boss Kevin Plank, zu US-Präsident Donald Trump. Und ein neues, vom „Wall Street Journal“publik gemachtes Thema, gefühlt die letzte Nische, in der UA noch nicht mit St. Paulis DNA kollidiert war: Sexismus. Jahrelang war es wohl Mitarbeitern möglich, Kundentermine im Stripclub zu vereinbaren und als Spesen abzurechnen.
Zum jährlichen Firmenfest für Geschäftspartner, Athleten und Prominente auf Planks Ranch in Maryland wurden zudem offenbar gezielt besonders attraktive Mitarbeiterinnen einbestellt, um das Auge der männlichen Gäste zu erfreuen. Leitende Angestellte sollen weibliche Beschäftigte außerdem sexuell belästigt haben.
Für St. Pauli kommt das alles zur Unzeit, lag doch der Fokus durch die zuletzt tolle Entwicklung mit aktuell Tabellenplatz zwei auf dem sportlichen Bereich. Wundern darf die Verantwortlichen das allerdings nicht. Seit Bekanntgabe der Zusammenarbeit 2015 (der Vertrag läuft angeblich bis 2021) gibt es immer wieder teils heftige Kritik. St. Paulis Geschäftsführer Andreas Rettig äußerte sich auf MOPO-Nachfrage so: „Das sind Informationen, die wir mit Sorge zur Kenntnis genommen haben. Wir haben unmittelbar nach Bekanntwerden mit unserem Partner Kontakt aufgenommen. Es ist uns versichert worden, dass Under Armour dieses Thema sehr ernst nimmt und interne Maßnahmen eingeleitet worden sind.“