Filialleiter verzockt 1,7 Mio. Euro
Milde Strafe für 46-Jährigen
Zwei Jahre auf Bewährung, so lautet das Urteil des Amtsgerichts Barmbek gegen den einstigen stellvertretenden Filialleiter der Haspa in Steilshoop. Das Gericht geht von einer verminderten Steuerungsfähigkeit wegen einer Spielsucht aus. Lars I. (46) hatte eingeräumt, 1,7 Millionen Euro veruntreut und bei Wertpapier-Wetten verzockt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte auf Freispruch plädiert.
Mit stockender Stimme und teilweise unter Tränen hatte der frühere Leiter der Haspa-Filiale Steilshoop ein umfassendes Geständnis abgelegt, alle 86 Fälle der gewerbsmäßigen Untreue eingeräumt: „Ich bereue es zutiefst. Es tut mir leid, dass ich so viele Menschen enttäuscht habe.“
Begonnen habe alles, als ein Kollege ihm von Wetten auf das Steigen oder Fallen des DAX berichtet habe: „Er meinte, damit könne man in kurzer Zeit sehr viel Geld verdienen. Binnen Minuten könne man seinen Einsatz verdoppeln.“
Zunächst habe er mit eigenem Geld gezockt: „Anfang 2013 war alles weg.“Er lieh sich Geld von seinem Vater, nahm Kredite auf – und begann, als er auch diese Summen verloren hatte, im November 2013 damit, falsche Konten anzulegen und auf die Fantasie-Kunden Darlehen auszuzahlen. Die interne Kontrolle der Haspa funktionierte nicht: „Niemand merkte etwas. Überweisungen und Kredite wurden auf Zuruf freigegeben.“
Richter und Schöffen werden das später als strafmildernd werten: „Die Haspa hat es Ihnen sehr leicht gemacht. Man fragt sich, wie so was angehen kann.“
Er sei „wie in einer anderen Welt“gewesen, erklärte Lars I. : „Ich habe meine Arbeit als stellvertretender Filialleiter gut gemacht, aber wenn ich in der Welt der fiktiven Wetten war, war ich ganz woanders. Ich hatte den Halt verloren.“
2015 kam die Revisionsabteilung der Haspa dem Konstrukt aus falschen Konten auf die Spur. Lars I. gab sofort alles zu, überreichte die Listen mit den falschen Konten, begann eine Therapie. „Besser kann das Nachtatverhalten nicht sein“, lobte der Richter.
Der psychiatrische Gutachter hatte Lars I. eine verminderte Steuerungsfähigkeit bescheinigt, gar eine Schuldunfähigkeit nicht ausgeschlossen: Lars I. habe beim Spielen eine „emotionale Mangelsituation aus der Kindheit“wiederholt.
Anders als die Staatsanwältin, die daraufhin Freispruch forderte („ich bin selbst erstaunt, aber dies ist ein Sonderfall“), gingen Richter und Schöffen nicht davon aus, dass Lars I. sein Verhalten nicht stoppen konnte: „Wir haben keinen Zweifel, dass Sie schuldfähig sind.“
Lars I. hat Hamburg inzwischen verlassen und einen Job in einer Personalabteilung. Von den 1,7 Millionen, die er der Haspa schuldet, stottert er monatlich 100 Euro ab, bisher hat er 2600 Euro zurückgezahlt – das reicht kaum für die Zinsen.
Mit seinem Untreue-Verfahren ist er in seinem neuen Job offen umgegangen. Sein neuer Arbeitgeber schrieb dem Gericht einen Brief, in dem er die „hohe Motivation“lobte. Vermutlich wird seine Verteidigerin gegen das Urteil Revision einlegen.