Hamburger Morgenpost

Filialleit­er verzockt 1,7 Mio. Euro

Milde Strafe für 46-Jährigen

- STEPHANIE LAMPRECHT s.lamprecht@mopo.de

Zwei Jahre auf Bewährung, so lautet das Urteil des Amtsgerich­ts Barmbek gegen den einstigen stellvertr­etenden Filialleit­er der Haspa in Steilshoop. Das Gericht geht von einer vermindert­en Steuerungs­fähigkeit wegen einer Spielsucht aus. Lars I. (46) hatte eingeräumt, 1,7 Millionen Euro veruntreut und bei Wertpapier-Wetten verzockt zu haben. Die Staatsanwa­ltschaft hatte auf Freispruch plädiert.

Mit stockender Stimme und teilweise unter Tränen hatte der frühere Leiter der Haspa-Filiale Steilshoop ein umfassende­s Geständnis abgelegt, alle 86 Fälle der gewerbsmäß­igen Untreue eingeräumt: „Ich bereue es zutiefst. Es tut mir leid, dass ich so viele Menschen enttäuscht habe.“

Begonnen habe alles, als ein Kollege ihm von Wetten auf das Steigen oder Fallen des DAX berichtet habe: „Er meinte, damit könne man in kurzer Zeit sehr viel Geld verdienen. Binnen Minuten könne man seinen Einsatz verdoppeln.“

Zunächst habe er mit eigenem Geld gezockt: „Anfang 2013 war alles weg.“Er lieh sich Geld von seinem Vater, nahm Kredite auf – und begann, als er auch diese Summen verloren hatte, im November 2013 damit, falsche Konten anzulegen und auf die Fantasie-Kunden Darlehen auszuzahle­n. Die interne Kontrolle der Haspa funktionie­rte nicht: „Niemand merkte etwas. Überweisun­gen und Kredite wurden auf Zuruf freigegebe­n.“

Richter und Schöffen werden das später als strafmilde­rnd werten: „Die Haspa hat es Ihnen sehr leicht gemacht. Man fragt sich, wie so was angehen kann.“

Er sei „wie in einer anderen Welt“gewesen, erklärte Lars I. : „Ich habe meine Arbeit als stellvertr­etender Filialleit­er gut gemacht, aber wenn ich in der Welt der fiktiven Wetten war, war ich ganz woanders. Ich hatte den Halt verloren.“

2015 kam die Revisionsa­bteilung der Haspa dem Konstrukt aus falschen Konten auf die Spur. Lars I. gab sofort alles zu, überreicht­e die Listen mit den falschen Konten, begann eine Therapie. „Besser kann das Nachtatver­halten nicht sein“, lobte der Richter.

Der psychiatri­sche Gutachter hatte Lars I. eine vermindert­e Steuerungs­fähigkeit bescheinig­t, gar eine Schuldunfä­higkeit nicht ausgeschlo­ssen: Lars I. habe beim Spielen eine „emotionale Mangelsitu­ation aus der Kindheit“wiederholt.

Anders als die Staatsanwä­ltin, die daraufhin Freispruch forderte („ich bin selbst erstaunt, aber dies ist ein Sonderfall“), gingen Richter und Schöffen nicht davon aus, dass Lars I. sein Verhalten nicht stoppen konnte: „Wir haben keinen Zweifel, dass Sie schuldfähi­g sind.“

Lars I. hat Hamburg inzwischen verlassen und einen Job in einer Personalab­teilung. Von den 1,7 Millionen, die er der Haspa schuldet, stottert er monatlich 100 Euro ab, bisher hat er 2600 Euro zurückgeza­hlt – das reicht kaum für die Zinsen.

Mit seinem Untreue-Verfahren ist er in seinem neuen Job offen umgegangen. Sein neuer Arbeitgebe­r schrieb dem Gericht einen Brief, in dem er die „hohe Motivation“lobte. Vermutlich wird seine Verteidige­rin gegen das Urteil Revision einlegen.

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Lars I. (46) war stellvertr­etender Leiter der Haspa-Filiale in Steilshoop.
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