„Jeder Dritte kann sich die Stadt bald nicht mehr leisten“
Mietervereine warnen vor drastischen Folgen. Kritik an Politik
Bezahlbaren Wohnraum schaffen, Anstieg der Mieten begrenzen! Das fordern der Deutsche Mieterbund (DMB) und der Mieterverein zu Hamburg. Siegmund Chychla, der Vorsitzende des Mietervereins, fand gestern deutliche Worte. Er sprach von „totalem Versagen der politischen Akteure“, „egal ob schwarz, rot oder gelb“. Vor allem Horst Seehofer (CSU) bekam sein Fett weg: DMB-Präsident Franz-Georg Rips erinnert den CSU-Politiker daran, dass er nicht nur Innen-, sondern auch Bauminister ist. „Beenden Sie den Dauerstreit in der Großen Koalition und machen Sie Ihre Arbeit: Bauen Sie Wohnungen!“
„Bezahlbares Wohnen ist die ungelöste soziale Frage unserer Zeit“, da sind sich Mieterbund und Mieterverein einig. „Drastisch steigende Mieten seien einer der Gründe für die Politikverdrossenheit. „Angesichts der aktuellen Wohnungsnöte helfen reine Absichtserklärungen, eine verfehlte Schwerpunktsetzung und halbherzige Gesetzentwürfe nicht.“Siegmund Chychla vom Mieterverein zu Hamburg prophezeit, dass sich „in den kommenden Jahren 30 Prozent der Hamburger ihre Mieten nicht mehr leisten können“: „Ich habe den Eindruck, was sich da an Unzufriedenheit in den Ballungszentren zusammenbraut, wird von der Politik völlig unterschätzt.“
Und das sind die Forderungen, die jetzt erhoben werden:
➤ Bundesweit müssten jährlich zusätzlich 100000 Wohnungen fertiggestellt werden. Für Hamburg bedeutet das: 10 000 zusätzliche Wohnungen jedes Jahr, wobei davon die Hälfte Sozialwohnungen sein sollen. Was die Große Koalition bisher unternommen habe, um den Wohnungsmangel zu bekämpfen, sei nicht genug: „Der soziale Wohnungsbau müsse auf allen politischen Ebenen Priorität erhalten“, so Mieterbund-Präsident Rips.
1985 hat es laut Chychla in Hamburg noch 350 000 Sozialwohnungen gegeben, heute seien es nur noch knapp 80 000 und das, obwohl seither die Einwohnerzahl um 200000 zugenommen habe. Es sei klar, dass das in einer Katastrophe enden müsse. Gut 2000 Sozialwohnungen habe Hamburg 2017 gebaut – das sei mehr als anderswo, aber trotzdem „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“.
➤ Außer tüchtig Wohnungen zu bauen, müsse die Politik auch dafür Sorge tragen, dass die Mieten nicht weiter so dramatisch steigen: Die bisherige Mietpreisbremse sei halbherzig. Die geltende Regelung, wonach Mieten in drei Jahren um bis zu 15 Prozent erhöht werden dürfen, müsse zurückgenommen werden. Der Mieterverein fordert, Mieterhöhungen in Ballungszentren auf sechs Prozent in drei Jahren zu begrenzen. Ein Vermieter, der überhöhte Mieten verlangt, dürfe damit auch nicht länger durchkommen. Dies müsse juristisch als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.
➤ Schließlich noch das Thema
energetische Sanierung: Die Modernisierung von Häusern habe für Mieter unzumutbare Mietsteigerungen zur Folge. Daraus müsse die Politik Konsequenzen ziehen: Statt elf Prozent der Sanierungskosten pro Jahr sollten Wohnungsbesitzer nur noch vier Prozent auf die Mieter umlegen dürfen. Nur so, finden Mieterverein und Mieterbund, sei dem Wildwuchs beizukommen.