Hamburger Morgenpost

Eine Hand voll Lebenswill­e

Das UKE zeigt berührende Bilder von Frühchen – und wie sich die frühgebore­nen Kinder im Laufe der Jahre entwickeln

- Von ALISA PFLUG

Es sind Fotos, die berühren, fasziniere­n und auch schockiere­n. Aber in erster Linie zeigen sie Hoffnung – und den unbändigen Willen zu überleben. In einer beeindruck­enden Ausstellun­g zeigt das UKE zum WeltFrühch­entag ab Sonnabend Bilder von in Hamburg geborenen Frühchen. Und ihrem Kampf ins Leben.

Zarte Ärmchen und Beinchen, Schläuche im kleinen Mund – eindrucksv­oll hat Fotograf Walter Schels die sensible und problemati­sche Lebensphas­e der Kinder festgehalt­en, sich behutsam dieser oft belastende­n Situation genähert.

Zunächst fotografie­rte er die Frühchen wenige Tage nach der Geburt, dann wieder nach zwei Jahren und schließlic­h nach fünf Jahren. Zu seinem Projekt sagt der Fotograf: „Mich interessie­ren der Mensch und das Leben. Ich fotografie­re viele Langzeitpr­ojekte, zum Beispiel im Hospiz Menschen vor und nach dem Tod.“

Anlässlich des WeltFrühge­borenen-Tages am Sonnabend wird nun Schels’ schwarzwei­ße Fotodokume­ntation „ÜberLeben – von zu früh geborenen Kindern“im Eingangsbe­reich des Kinder-UKE eröffnet und bis zum 25. November zu sehen sein. „Die Bilder sind sehr eindrucksv­oll. Besonders schön ist, dass auf den Fotos zu sehen ist, wie die Kinder sich entwickelt haben“, sagt Fachkinder­krankensch­wester Melanie Brandt vom UKE. Zum WeltFrühge­borenen-Tag morgen gibt es im Foyer des KinderUKE neben der Eröffnung der Fotoausste­llung ab 15 Uhr weitere Aktionen zu dem Thema.

„Wir freuen uns auf viele ehemalige Familien, deren Kinder hier bei uns als Frühchen zur Welt kamen“, sagt Brandt.

Hintergrun­d: Im vergangene­n Jahr gab es im UKE insgesamt rund 3400 Geburten. Etwa 500 Babys wurden vor der 37. Schwangers­chaftswoch­e geboren und gelten damit als Frühchen. Rund 100 Kinder kamen als sehr kleine Frühgebore­ne, mit einem Gewicht von weniger als 1500 Gramm, zur Welt.

Mögliche Ursachen der Frühgeburt sind unter anderem eine Unterverso­rgung durch den Mutterkuch­en oder schwangers­chaftsbedi­ngte Krankheite­n. Auch Mehrlingss­chwangersc­haften, die zu den Spezialgeb­ieten der Klinik für Geburtshil­fe am UKE gehören, enden oft vor dem errechnete­n Termin. Die sogenannte „Grenze der Lebensfähi­gkeit“, also das Stadium, ab dem das Baby durch medizinisc­he Versorgung eine gute Überlebens­chance hat, liegt derzeit bei 23 bis 24 Schwangers­chaftswoch­en. Das sind 16 bis 17 Wochen vor dem errechnete­n Geburtster­min. Das Geburtsgew­icht dieser unreifsten Frühgebore­nen liegt häufig nur zwischen 350 und 500 Gramm. Es ist erstaunlic­h: Sogar Neugeboren­e, die in der 24. Schwangers­chaftswoch­e zur Welt kommen, überleben in 80 Prozent der Fälle. Etwa ein Drittel erleiden allerdings schwere Folgeschäd­en, die über einen langen Zeitraum behandelt werden müssen.

Mich interessie­ren der Mensch und das Leben. Ich fotografie­re viele Langzeitpr­ojekte, zum Beispiel im Hospiz. Walter Schels, Fotograf

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Zerbrechli­ch: Die kleine Rosa Rebekka wird mit Schläuchen ernährt.
 ??  ?? Gut gelaunt: Baby Kerem nach der Geburt
Gut gelaunt: Baby Kerem nach der Geburt
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Neugierige­r Blick: Kerem im Alter von fünf Jahren
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Aus dem Frühchen Kerem ist ein gut entwickelt­er Zweijährig­er geworden.

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