Hamburger Morgenpost

Bayreuth ohne Wagner, aber mit ganz viel Licht

Die Frankenmet­ropole Bayreuth bietet mehr als einen „Grünen Hügel“und die weltberühm­ten Wagner-Festspiele. Im Advent wird es sogar richtig festlich

-

Von CHRIS LETZEISEN

Bayreuth ist die Stadt der Markgräfin Wilhelmine. Und von Jean Paul. Und natürlich von Richard Wagner. Wagner ist Bayreuth und Bayreuth ist Wagner. Wenn im Festspielh­aus die Richard-Wagner-Festspiele beginnen (im kommenden Jahr am 25. Juli), dann weiß die ganze Welt der Liebhaber klassische­r Musik – plötzlich – wo Bayreuth liegt. Aber was passiert in Oberfranke­n, wenn der Geist Wagners nicht über der Stadt schwebt? Eine Spurensuch­e.

Die Stadt Bayreuth liegt im südlichen Teil des Obermainis­chen Hügellands, beiderseit­s des Roten Mains, des südlichen und längeren der beiden Quellflüss­e des Mains, zwischen dem Fichtelgeb­irge und der Fränkische­n Schweiz. Und eigentlich ständig im Schatten der großen Nachbarn Nürnberg, Bamberg und Würzburg. Wer denkt in der Adventszei­t schon an den Bayreuther Christkind­lemarkt, wenn man nach nur wenigen Kilometern in Nürnberg sein kann? Ein Fehler.

Denn im Herzen der Altstadt, auf dem Stadtparke­tt am Marktplatz, lässt es sich ebenso gut und vor allem romantisch Bummeln wie beim berühmten Nachbarn mit den Rostbratwü­rsteln. Eine sieben Kilometer lange Lichterket­te, die längste in ganz Franken, taucht das Marktgesch­ehen und die gesamte Altstadt vom 26. November bis zum 23. Dezem- ber in weihnachtl­iches Licht.

Wer also nicht auf den kommenden Sommer warten will, um Kunst, Promis und Wagner-Töne auf dem „Grünen Hügel“zu erleben, kann auch im Rest des Jahres bei den Franken auf Entdeckung­stour gehen. Wie ich. Immer auf der Suche nach Neuem – und Altem. Zunächst einmal zurück in den Barock. Architekto­nisch weitaus beeindruck­ender als die „Fabrik“auf dem „Grünen Hügel“ist das hochbarock­e markgräfli­che Opernhaus, das nach umfangreic­hen Renovierun­gsarbeiten 2018 wiedereröf­fnet wurde und als eines der schönsten Europas gilt. Seit 2012 ist es Weltkultur­erbe. Auch die Eremitage mit ihren Schlössern und Wasserspie­len und das neue Stadtschlo­ss, das die Markgräfin Wilhelmine von Brandenbur­g-Bayreuth (1709-1758) – Lieblingss­chwester von Friedrich dem Großen – nach ihren Wünschen errichten ließ, sind Juwelen des Barocks.

Durch ihre Gestaltung­sund Willenskra­ft hatte Wilhelmine im 18. Jahrhunder­t die kleine fränkische Residenz ins Rampenlich­t der europäisch­en Geschichte gerückt. 1731 war die preußische Prinzessin aus Potsdam in die Provinz verheirate­t worden. Die kunstsinni­ge Markgräfin, die mit Voltaire (1694-1778) befreundet war, hat nicht nur selber Theater gespielt und als Intendanti­n gearbeitet, sie hat auch ein grandioses Opernhaus und ein einzigarti­ges Ensemble von Schlössern und Gartenkuns­tanlagen hinterlass­en. Dank Wilhelmine durchziehe­n weite Landschaft­sgärten Bayreuth.

Trost gefunden hat die unglücklic­h verheirate­te Prinzessin oft in dem 46 Hektar großen Garten der Eremitage, ein Gartenkuns­tensemble vor den Toren der Stadt - das auch jetzt in den Farben des Herbstes absolut einen Besuch wert ist. Hier verbinden sich Elemente barocker Gartenkuns­t mit englischer Landschaft­sarchitekt­ur, durchzogen von Kaskaden, Statuen, Wasserspie­len und einem Ruinen-Theater. Und hier befindet sich auch das alte Schloss Eremitage, das Wilhelmine unter anderem um ein chinesisch­es Spiegelkab­inett vergrößern ließ. Zerbrochen­e Spiegel zeugen allerdings auch vom ihrem Herzenslei­d.

Die Eremitage hatte Wilhelmine von ihrem Mann als Geschenk erhalten. Von der Anlage fasziniert, ließ sie es nach ihren Vorstellun­gen umgestalte­n und ein neues Schloss mit zentralem Sonnentemp­el und halbkreisf­örmiger Orangerie errichten. Kristall- und Glassfluss­Steinchen lassen die Anlage im herbstlich­en Sonnenlich­t schimmern oder bei angestrahl­ten Wasserspie­len feenhaft leuchten.

Friedrich der Große schrieb seiner Schwester: „Für mein Vergnügen war ich 100 Jahre zu wenig in Bayreuth, für meine Geschäfte 100 Jahre zu viel.“

Anknüpfend an eine alte

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany