Hamburger Morgenpost

St. Paulis blinder Botschafte­r

Tor des Monats maCht ihn zum TV-Promi. Im DezemBer ist er sogar Bei Günther JauChs JahresrüCk­BliCk

- BUTTJE ROSENFELD r.rosenfeld mo o.de

Die Kiezkicker spielen bislang eine ganz starke Saison. Der größte Star der BraunWeiße­n steht allerdings nicht im Zweitliga-Kader: St. Paulis blinder Spieler Serdal Celebi (34) sorgt aktuell für die meisten positiven Schlagzeil­en.

Als erster Blindenfuß­baller gelang ihm im August das „Tor des Monats“. Der Kurde, der als 13-Jähriger sein Augenlicht einbüßte, trat bereits vor der Kür bei Steffen Hallaschka in „Stern-TV“auf, danach im „NDR-Sportclub“, zog an der Seite von Horst Hrubesch in der ARD die Lose für den DFB-Pokal, wurde für die Wahl zum „Hamburger Sportler des Jahres“nominiert und ist am 2. Dezember zu Gast in Köln beim von Günther Jauch moderierte­n RTL-Jahresrück­blick „Menschen, Bilder, Emotionen“. Schließlic­h hat er Chancen den Preis für das „Tor des Jahres“zu ergattern.

Dass er momentan derart gefragt und gewisserma­ßen ein Promi ist, genießt Celebi – aber nicht aus Selbstsüch­tigkeit: „Ich empfinde mich als Botschafte­r des Blindenfuß­balls. Deshalb freue ich mich über die große Aufmerksam­keit, sie hilft hoffentlic­h unseren tollen Sport populärer zu machen. Ich betrachte uns Blindenfuß­baller als eine große Familie – und die möchte ich unterstütz­en.“

Gerade kehrte er von einem Symposium im österreich­ischen St. Pölten zurück. Das Thema: Inklusion im und durch Fußball. Celebis Message: „Egal, woher du kommst – Fußball verbindet immer, denn da gibt es keine Kulturunte­rschiede.“

Gestern traf ihn die MOPO. Celebi verbreitet viel gute Laune und Optimismus: „Für mich ist das Glas immer halbvoll, nie halbleer. Ich kann immer noch hören, schmecken, tasten.“Er sieht sich als „Teil der Gesellscha­ft“, empfiehlt allen Menschen mit Behinderun­g ihr Schicksal zu akzeptiere­n: „Das ist leichter als dagegen anzukämpfe­n, du kommst den Berg schneller rauf. Wenn du ein Handicap hast, liegst du 0:1 hinten. Aber es ist wichtig, schnell den Ausgleich zu machen.“

Soll heißen: Nimm auch am normalen Leben teil! Celebi, der mit Frau Kader und Söhnchen Berzan (elf Monate) in Billstedt lebt, ist Physiother­apeut und bei seinen Patienten begehrt: „Viele rufen an und sagen, ’Ich möchte zu dem blinden Mann’. Sie zählen darauf, dass ich ihre gesundheit­lichen Probleme mit meinen Händen besser spüren und ertasten kann.“

Celebi drückt der Zweitliga-Truppe of t im Stadion, wo er die Reportage für Blinde und Sehbehinde­rte von Wolf Schmidt und dessen Team genießt, die Daumen. Er ist Fan von Marvin Knoll und Christophe­r Buchtmann – auch weil die wie er alles mit dem linken Fuß machen. Was er den Profis voraus hat: 2017 wurde er mit St. Paulis Blindenfuß­ballern Deutscher Meister. Das soll nach nach dem Vize-Titel in diesem Jahr 2019 wieder klappen. Sein Ehrgeiz unterschei­det sich kein bisschen von den sehenden Spielern: „Das ist wie das Tor des Jahres ein Wettbewerb – und den will ich gewinnen.“

Die große Aufmerksam­keit hilft hoffentlic­h, unseren tollen Sport populärer zu machen. Serdal Celebi

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Serdal Celebi ist Physiother­apeut, zeigt eine Übung für die Schulter. Beim Fototermin mit der ,OPO zeigt Celebi sein Können: ,it links jagt er den Ball wuchtig ins Tor.
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