Hamburger Morgenpost

Die große Diesel-Pleite

Verheerend­e Bilanz nach einem halben Jahr: An den Straßen mit Fahrverbot­en steigt die Schadstoff Belastung sogar noch an!

- KRISTIAN MEYER kristian.meyer@mopo.de

Die Bilanz ist verheerend: Seit 31. Mai gelten auf zwei Straßen in Altona DieselFahr­verbote für alle Fahrzeuge unter Euro-6-Norm. Und was hat’s gebracht? Die Belastung mit Stickstoff­dioxid (NO2) hat sich in der Stresemann­straße nur leicht verbessert – in der MaxBrauer-Allee sind die Werte sogar noch gestiegen!

➤ Der Befund: Rund 100 Umleitungs­und Verbotssch­ilder hat die Stadt aufgestell­t. Gerade anfangs gab es noch große Polizeikon­trollen. Die Daten im Hamburger Luftmessne­tz sprechen aber eine deutliche Sprache: Zu Beginn der Maßnahmen ist zwar wirklich eine Verbesseru­ng der Daten in der „Strese“abzulesen. Die Messstatio­n auf 1,50 Meter Höhe zeigt hier für den Juni eine Veränderun­g zum Vorjahr von 47 Mikrogramm pro Kubikmeter auf 37. Und damit unter dem EUGrenzwer­t von 40.

Damals gab es auch recht viele Anfangskon­trollen. Richtung Herbst gleichen sich die Werte allerdings immer mehr dem Vorjahr an. Im Oktober schnellt der Wert dann nach oben, liegt mit 48 Mikrogramm pro Kubikmeter sogar deutlich über dem von 2017 – damals waren es 39!

Schlimmer noch sieht es in der Max-Brauer-Allee aus – hier gilt das Verbot nicht nur für Lkw, sondern auch für Pkw: Nur im August sind die Werte besser als im Jahr 2017, als es noch keine Fahrverbot­e gab. In vier Monaten sind die Werte sogar schlechter. Rechnet man alle Monate zusammen, ergibt sich eine Steigerung der Belastung um sieben Prozent. Heißt: Die Verbotszon­en-Maßnahme scheint nicht viel zu bringen.

➤ Zu wenig Kontrollen? MOPO-Reporter und Anwohner berichten immer wieder, dass Fahrzeuge durchfahre­n, die mit Sicherheit nicht die Euro6-Norm erfüllen – es würde schließlic­h kaum kontrollie­rt. Die Polizeipre­ssestelle indes versichert auf MOPOAnfrag­e: „Wir kontrollie­ren in unregelmäß­igen Abständen.“Genauere Angaben könne man aber nicht machen.

BUND-Chef Manfred Braasch kommentier­t: „Die entscheide­nde Frage ist, ob die Fahrverbot­e tatsächlic­h von der Polizei durchgeset­zt werden.“Das wolle man den Senat am Ende des Jahres fragen.

➤ Was könnte noch helfen? „Fahrverbot­e sind grundsätzl­ich ein wirksames Instrument“, so Braasch weiter. Neben den regelmäßig­en Kontrollen durch die Polizei müsse man aber unbedingt über eine großflächi­ge Erweiterun­g des Verbots nachdenken. „Sonst verlagert sich das Problem nur.“

Norbert Hackbusch (Linke) kommentier­t gegenüber der MOPO: „Die Verbots-Maßnahme des Senats erweist sich als Beruhigung­smittel und PRGag!“Er fordert den Senat auf, nicht erst in einem Jahr weitere Maßnahmen zu diskutiere­n. „Wir schlagen als ersten Schritt ein Lkw-Transit-Verbot durch Hamburg vor.“Zudem solle an den belasteten Hauptstraß­en der Einsatz von Elektrobus­sen forciert werden. Wie bisher könne es auf jeden Fall nicht weitergehe­n: „Das ist fortgesetz­te Körperverl­etzung!“

Die Hamburger CDU dagegen fordert, die Fahrverbot­e

Das ist fortgesetz­te Körperverl­etzung! Und die Maßnahme offenbar nur ein PR-Gag!

Norbert Hackbusch (Linke)

gleich ganz aufzuheben: „Die steigende Stickstoff­belastung entlarvt Kerstans SinnlosFah­rverbote als wirkungslo­se Maßnahme“, sagt UmweltSpre­cher Stephan Gamm. Ganz zu schweigen von den Belastunge­n der Anwohner der Ausweichst­recken, so Gamm weiter. Sein Fazit: „Die unsinnigen Verbote unverzügli­ch aufheben!“

➤ Das sagt die Umweltbehö­rde: Ihre Einschätzu­ng ist ganz anders. „Die Tendenz stimmt“, so ein Sprecher. Für eine belastbare Aussage brauche es aber das Jahresmitt­el. Da gebe es erst in ei nem halben Jahr

➤ Und das ist anderswo geplant: Hamburg hat bundesweit den Anfang gemacht. 2019 sollen Verbote in Berlin, Frankfurt und anderen Städten folgen. D Hamburger Bei jedoch eher Mah macher sein.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Ein Lkw fährt durch die Stresemann­straße.
Ein Lkw fährt durch die Stresemann­straße.
 ??  ?? In unregelmäß­igen Abständen kontrollie­rt die Polizei. Zu unregelmäß­ig?
In unregelmäß­igen Abständen kontrollie­rt die Polizei. Zu unregelmäß­ig?
 ??  ??
 ??  ?? Die Luftmessst­ation in der Max-Brauer-Allee Jürgen Resch, Geschäftsf­ührer der Deutschen Umwelthilf­e, hat den Stein bundesweit ins Rollen gebracht. Mehr zum Thema auf der nächsten Seite
Die Luftmessst­ation in der Max-Brauer-Allee Jürgen Resch, Geschäftsf­ührer der Deutschen Umwelthilf­e, hat den Stein bundesweit ins Rollen gebracht. Mehr zum Thema auf der nächsten Seite

Newspapers in German

Newspapers from Germany