Linke Attacke auf Hartz IV
ARBEITSLOSENHILFE Verdi, Grüne und SPD wollen eine Entschärfung
BERLIN - Rot-Grün führte Hartz IV einst unter großen Schmerzen ein. Heute planen SPD und Grüne, die ungeliebte Reform zu begraben. Unterstützung erhalten sie dabei aus den Gewerkschaften. CDU/CSU und FDP wollen aber so ganz und gar nicht mitspielen.
Und plötzlich gibt es ein breites Bündnis gegen Hartz IV: Nach der SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles und dem Grünen-Chef Robert Habeck blasen jetzt auch die Gewerkschaften zum Sturm auf die Sozialreform, die einst von Kanzler Gerhard Schröder eingeführt worden war.
„Es muss zu einer Arbeitslosenhilfe oberhalb eines aufzustockenden Hartz-IVNiveaus zurückgekehrt werden, die sinnvollerweise um einen verlängerten Bezugsanspruch beim Arbeitslosengeld I ergänzt werden müsste“, so Verdi-Chef Frank Bsirske gestern zum Redaktions-Netzwerk Deutschland.
Unterstützt wird er vom Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert. Den Vorstoß seiner Parteivorsitzenden begrüßt er, bezeichnet ihre Vorschläge für ein Bürgergeld als „ersten Befreiungsschlag“in der Debatte um den Sozialstaat.
„Wir werden Hartz IV hinter uns lassen“, hatte Nahles kürzlich beim DebattenCamp ihrer Partei angekündigt. Die Genossen wollen das Arbeitslosengeld II durch eine neue Grundsicherung, genannt Bürgergeld, ersetzen. Hauptunterschied: Beim Bürgergeld soll es praktisch keine Sanktionen mehr geben. Die oberste Sozialdemokratin glaubt, viele Langzeitarbeitslose hätten im aktuellen System Schwierigkeiten, ihre Leistungsansprüche überhaupt zu erkennen. Sie sähen sich „einer anonymen Bürokratie und der permanenten Drohung mit Sanktionen“gegenüber.
Außerdem ein Ärgernis für die SPD: Arbeitslose können bereits nach sechs Monaten von Arbeitslosengeld I auf das deutlich niedrigere Hartz-IV-Niveau fallen. Zudem wollen die Genossen das „Schonvermögen“erhöhen, also die Werte, die sich die Menschen erarbeitet haben und die durch den Bezug von Sozialleistungen nicht angetastet werden.
Bei der Finanzierungsfrage blieben die Genossen bisher genauso vage wie bei der genauen Höhe der Grundsicherung. Das neue System solle aber „klar und auskömmlich“gestaltet sein. Auch Grünen-Co-Chef Robert Habeck will Hartz IV abschaffen.
Bei Union und FDP stößt die Attacke von links auf die Sozialreform Agenda 2010 indes auf scharfe Ablehnung.