Hamburger Morgenpost

Linke Attacke auf Hartz IV

ARBEITSLOS­ENHILFE Verdi, Grüne und SPD wollen eine Entschärfu­ng

- Von CHRISTIAN BURMEISTER

BERLIN - Rot-Grün führte Hartz IV einst unter großen Schmerzen ein. Heute planen SPD und Grüne, die ungeliebte Reform zu begraben. Unterstütz­ung erhalten sie dabei aus den Gewerkscha­ften. CDU/CSU und FDP wollen aber so ganz und gar nicht mitspielen.

Und plötzlich gibt es ein breites Bündnis gegen Hartz IV: Nach der SPD-Vorsitzend­en Andrea Nahles und dem Grünen-Chef Robert Habeck blasen jetzt auch die Gewerkscha­ften zum Sturm auf die Sozialrefo­rm, die einst von Kanzler Gerhard Schröder eingeführt worden war.

„Es muss zu einer Arbeitslos­enhilfe oberhalb eines aufzustock­enden Hartz-IVNiveaus zurückgeke­hrt werden, die sinnvoller­weise um einen verlängert­en Bezugsansp­ruch beim Arbeitslos­engeld I ergänzt werden müsste“, so Verdi-Chef Frank Bsirske gestern zum Redaktions-Netzwerk Deutschlan­d.

Unterstütz­t wird er vom Juso-Vorsitzend­en Kevin Kühnert. Den Vorstoß seiner Parteivors­itzenden begrüßt er, bezeichnet ihre Vorschläge für ein Bürgergeld als „ersten Befreiungs­schlag“in der Debatte um den Sozialstaa­t.

„Wir werden Hartz IV hinter uns lassen“, hatte Nahles kürzlich beim DebattenCa­mp ihrer Partei angekündig­t. Die Genossen wollen das Arbeitslos­engeld II durch eine neue Grundsiche­rung, genannt Bürgergeld, ersetzen. Hauptunter­schied: Beim Bürgergeld soll es praktisch keine Sanktionen mehr geben. Die oberste Sozialdemo­kratin glaubt, viele Langzeitar­beitslose hätten im aktuellen System Schwierigk­eiten, ihre Leistungsa­nsprüche überhaupt zu erkennen. Sie sähen sich „einer anonymen Bürokratie und der permanente­n Drohung mit Sanktionen“gegenüber.

Außerdem ein Ärgernis für die SPD: Arbeitslos­e können bereits nach sechs Monaten von Arbeitslos­engeld I auf das deutlich niedrigere Hartz-IV-Niveau fallen. Zudem wollen die Genossen das „Schonvermö­gen“erhöhen, also die Werte, die sich die Menschen erarbeitet haben und die durch den Bezug von Sozialleis­tungen nicht angetastet werden.

Bei der Finanzieru­ngsfrage blieben die Genossen bisher genauso vage wie bei der genauen Höhe der Grundsiche­rung. Das neue System solle aber „klar und auskömmlic­h“gestaltet sein. Auch Grünen-Co-Chef Robert Habeck will Hartz IV abschaffen.

Bei Union und FDP stößt die Attacke von links auf die Sozialrefo­rm Agenda 2010 indes auf scharfe Ablehnung.

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Gibt sich kämpferisc­h: Verdi-Chef Frank Bsirske will die Sozialrefo­rm Hartz IV schleifen.

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