Neue Kritik am Staatsarchiv
Verein für Geschichte klagt Aktenvernichtung an
Im Sommer sorgte der Skandal für Schlagzeilen: Hamburgs Staatsarchiv – eigentlich dazu da, die Geschichte zu bewahren – hatte eine Million wertvolle Dokumente vernichtet, offensichtlich in Unkenntnis ihrer Bedeutung (MOPO berichtete). Gestern gab der renommierte Verein für Hamburgische Geschichte (VHG) eine Erklärung „zur Lage des Staatsarchivs“ab – und die hat es in sich.
Der Verein attestiert dem Staatsarchiv „erstaunliche Geschichtsvergessenheit“: Von einer „eklatanten Fehlentscheidung“ist die Rede und von einem „gar nicht zu beziffernden Verlust für die Geschichtsforschung“.
Der VHG kritisiert nicht nur den Fehler selbst, sondern die „hochproblematische Art des Umgangs“damit: So habe das Staatsarchiv versucht, den Fehler als „korrekte Entscheidung darzustellen“. Es sei behauptet worden, sämtliche Informationen ließen sich aus anderen Archivbeständen rekonstruieren – was nicht stimme. Auf Druck des VHG hat das Staatsarchiv nun für den 21. Dezember die Leiter einschlägiger historischer Institutionen eingeladen, um über die Zukunft des Staatsarchivs zu reden.
Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde, sagte zur Erklärung des VHG, aus den Fehlern des Staatsarchivs würden Konsequenzen gezogen. „Wir freuen uns, dass sich auch der VHG an diesem Prozess beteiligt.“
Zur Erinnerung: Bei den vernichteten Akten handelt es sich um sämtliche Hamburger Todesbescheinigungen von 1876 bis 1953 – sie waren eine wichtige Quelle u. a. für die Erforschung der NS-Zeit in Hamburg.