Kämpfen lohnt sich!
Die Abschaffung der ungeliebten Montagsspiele in der Fußball-Bundesliga zeigt, dass die Fans durchaus Einfluss haben – wenn sie nicht nur meckern, sondern machen. Gemeinsam. Da geht mehr.
Nein, es ist keine Revolution. Es geht um gerade einmal fünf Spiele von mehr als 300 Bundesliga-Partien und die rasante Kommerzialisierung des Fußballs wird sich nicht aufhalten, geschweige denn zurückdrehen lassen. Aber die Abschaffung der Montagsspiele ist eine seltene gute Nachricht für viele Fans in Zeiten der schlechten Nachrichten für die Anhänger des schönen Spiels. Die Rolle rückwärts der Liga hat Symbolkraft und zeigt, dass Korrekturen möglich sind.
Ausgerechnet in der Länderspielpause hat sich einer der bemerkenswertesten Siege der Bundesligageschichte ereignet – und der Gewinner sind die Fans. Die 18 Erstligisten haben einstimmig beschlossen, ab der Saison 2021/2022, wenn ein neuer TV-Vertrag in Kraft tritt, wieder auf Montagsspiele zu verzichten. Sie haben ihre eigene Entscheidung revidiert, einkassiert. Bemerkenswert schnell.
Der Grund dafür ist nicht etwa Einsicht oder gar Reue, sondern schlicht und ergreifend dem vehementen und ausdauernden Protest der Fanszenen gegen Fußballspiele in der Woche geschuldet, die fanfeindlich sind – zumindest für jene Anhänger, die ihre Mannschaft im Stadion anfeuern, gerne auch auswärts. Lange, viel zu lange, haben viele Funktionäre und auch einige Vereinsvertreter versucht, die Protestierer als Eiferer abzutun und pauschal als Verblendete, Verbohrte, Ewiggestrige und notorische Fortschrittsverweigerer zu verunglimpfen, die nötige und unumgängliche Entwicklungen blockieren. Vor allem aber: als Minderheit, die zwar laut und nervig ist, aber nicht repräsentativ, nicht relevant, schon gar nicht maßgebend.
Denkste! Die Zahl derer, denen die Richtung, in die sich der Fußball in Deutschland aber auch international entwickelt, nicht mehr gefällt (das ist in der Bemühung um Sachlichkeit diplomatisch ausgedrückt), ist längst zu einer relevanten Größe gewachsen.
Das macht jenen unter den Machern des Fußballs, denen es weniger um das Spiel als vielmehr um das Geschäft geht, Angst. Gut so! Dieser Effekt wiederum sollte jenen unter den un-
Wie nah wir mit dem ProfifußBall in DeutsChland noCh an der Basis sind, ist eine BereChtigte Frage. Jörg Schmadtke
zufriedenen Fans des Fußballs, die bislang der Meinung waren, der Anhänger als Endverbraucher, als kleinstes Licht in diesem großen, erdumspannenden und milliardenschweren Spiel sei völlig machtlos, Mut machen.
Eigentlich ist es doch ganz einfach: Jeder Fan, der der Ansicht ist, dass die Entscheider des Fußballs in Wahrheit Produktmanager sind, die ein Spiel zur Ware degradieren und sie selbst nur noch als zahlenden Kunden sehen, sollten sich genau so verhalten: wie ein Konsument. Und was machen Konsumenten, wenn ihnen ein Produkt nicht (mehr) gefällt? Genau.
Das mag radikal klingen, ist aber ganz normales Verbraucherverhalten. Was einem nicht mehr schmeckt, wird nicht mehr gekauft.
Die Umsetzung ist nicht ganz einfach, keine Frage, denn Fußball ist nicht Fleischsalat und die emotionale Bindung zu diesem Spiel und dem Verein des Herzens dürfte höher sein als jene zur Lieblings-Salami.
Es ist ein Glaubwürdigkeitstest wie ernst es die Masse der kritischen Fans meint. Ich bin bei der Frage, was echte Überzeugung oder nur pseudo-rebellisches Geblubber ohne Handlungsbereitschaft ist, sehr vorsichtig.
Was mich nämlich fast genauso nervt wie der Fußballkommerz und seine Marktschreier sind Kommerzkritiker, die zetern und moralisieren, aber keine Konsequenzen ziehen. Über die Zerstückelung der Spieltage jammern und dennoch alle nötigen Sender-Abos und Player für jeden Fußballwettbewerb besitzen und einfach weitergucken – das passt nicht zusammen.
Das ist jene Doppelmoral, die gerne Vereinsverantwortlichen vorgeworfen wird, die den schwierigen Spagat zwischen Glaubwürdigkeit und Wirtschaftlichkeit im knallharten Wettbewerb hinbekommen müssen.
Seien wir doch mal ehrlich: Die Masse der Fans hat lange Zeit alles geschluckt und alle Entwicklungen des großen Fußballs letztlich mitgetragen. Meckern ja, aber machen? Handeln? Volle Stadien und starke Einschaltquoten haben den Entscheidern im Fußballs lange signalisiert, auf dem richtigen Weg oder jedenfalls nicht auf dem falschen zu sein.
Das ändert sich jetzt. Die Abschaffung der Montagsspiele ist ein Anfang. Die spannende und auch entscheidende Frage ist, wie viele der Fußballfans, die Missstände in ihrem geliebten Sport beklagen und beheben wollen, künftig bereit sind, Konsequenzen zu ziehen, die über das Teilen eines griffigen Hashtags hinausgehen. Dafür müssten sich die TV-Fußballfans mit den Stadiongeher-Fans solidarisieren.
Dass sich das Kämpfen lohnen kann, hat der erfolgreiche Protest gegen die Montagsspiele gezeigt. Es ist ein Signal, das den kritischen und engagierten Fans Mut machen, sie aber nicht übermütig werden lassen sollte. Wer Maßlosigkeit kritisiert, sollte selbst maßhalten. Auch im Protest.