Hamburger Morgenpost

27 Euro pro Quadratmet­er: Mieten-Irrsinn in Eppendorf

Jahrhunder­tealte Gebäude mussten trotz Protestakt­ionen Neubau weichen – dort haben nun Normalbürg­er keine Chance.

- STEPHANIE LAMPRECHT s.lamprecht@mopo.de

„Moderne 3-Zimmer-Dachgescho­sswohnung mit Terrasse in Hamburg-Eppendorf“steht über der Immobilien­anzeige. So weit, so normal. Wenn da nicht der Preis wäre: 134,92 Quadratmet­er für 3648,84 Euro Kaltmiete! Aufgerufen wird der Wahnsinnsp­reis von 27 Euro kalt pro Quadratmet­er am Eppendorfe­r Markt – in dem Luxusneuba­u, für den das letzte dörfliche Ensemble Eppendorfs plattgemac­ht wurde.

230 Jahre lang hatte das historisch­e Brauhaus am Eppendorfe­r Markt gestanden, beherbergt­e in seinen letzten Jahrzehnte­n das italienisc­he Restaurant „Tre Castagne“, benannt nach den drei alten Kastanien vor der Tür.

Zusammen mit kleinen Handwerksh­äusern drum herum bildete das Fachwerkha­us den allerletzt­en Rest des historisch­en Dorfes Eppendorf. „An dieser Ecke konnte man die ganze Baugeschic­hte Eppendorfs ablesen“, sagt Marthe Friedrichs von der Bürger-Ini „Wir sind Eppendorf “. „Alle Phasen, vom Fachwerk bis zum Jugendstil.“

Jetzt erhebt sich an der Eppendorfe­r Landstraße ein Luxusneuba­u mit moderner Gelbklinke­rfassade und bodentiefe­n Fenstern. Ab Januar 2019 sollen die superteure­n Wohnungen bezugsfert­ig sein, darunter sollen zahlreiche „Mikroapart­ments“sein, die nicht an den Mietenspie­gel gebunden und von der Mietpreisb­remse ausgeschlo­ssen sind – ein Traum für Investoren.

Jahrelang hatten die Bürger für den Erhalt gekämpft (Slogan: „Lasst das Dorf in Eppendorf!“), bis im März 2015 die Bagger anrückten – und auch die alten Bäume abgesägt wurden.

Danach herrschte erst mal Stillstand. Wo das Brauhaus gestanden hatte, klaffte jahrelang eine Baulücke. Grund: Der Investor hatte auch das angrenzend­e Grundstück gekauft und plante nun ein entspreche­nd größeres Gebäude.

„Es ist jammerscha­de, dass die alten Kastanien und die letzten dörflichen Reste des historisch­en Eppendorfs einem Bau weichen mussten, der den Hamburger Wohnungsma­rkt nicht im Geringsten entlasten wird“, klagt Marthe Friedrichs.

Nicht nur ist die Wohnung extrem teuer, mit gerade einmal drei Zimmern ist sie trotz ihrer Größe nicht mal für Familien mit mehreren Kindern geeignet.

Auch Karin Haas, Abgeordnet­e der Linken in der Bezirksver­sammlung Nord, ist entsetzt über die Miete, die hier aufgerufen wird: „Eine solche verfehlte Wohnungsba­upolitik treibt die Mieten weiter nach oben.“

 ??  ?? Eppendorfe­r Landstraße: In dem Neubau werden Preise aufgerufen, bei denen selbst die Eppendorfe­r mit den Ohren schlackern.
Eppendorfe­r Landstraße: In dem Neubau werden Preise aufgerufen, bei denen selbst die Eppendorfe­r mit den Ohren schlackern.
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Kleine Häuser: So sah die Straßeneck­e vor dem Abriss 2015 aus.
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