Hamburger Morgenpost

467 Neonazis in Deutschlan­d abgetaucht

Trotz Haftbefehl­s: Hunderte Rechtsradi­kale nicht auffindbar – jeder Vierte von ihnen gilt als gewalttäti­g

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Brauner Spuk im Untergrund: In Deutschlan­d sind derzeit 467 Neonazis auf freiem Fuß, obwohl gegen etliche von ihnen Haftbefehl­e vorliegen. Die Beschuldig­ten sind nicht aufzufinde­n, daher können die Haftbefehl­e nicht vollstreck­t werden, wie aus der Antwort der Bundesregi­erung auf eine Kleine Anfrage der Linksfrakt­ion hervorgeht. Mehr als jeder vierte der Gesuchteng­iltalsgewa­lttätig.

Nach 108 Verdächtig­en wird wegen eines politische­n Delikts gefahndet, 99 werden wegen eines oder mehrerer Gewaltdeli­kte gesucht. Die Behörden gehen davon aus, dass die Verdächtig­en künftig ähnliche Straftaten begehen, etwa bei rechten Aufmärsche­n und Konzerten. Wer die Gesuchten sind, wollen die Ermittler allerdings nicht preisgeben. Eine Öffentlich­keitsfahnd­ung findet nicht statt.

In den vergangene­n viereinhal­b Jahren stieg die Zahl der gesuchten Neonazis laut Bundesregi­erung deutlich: von 253 Männern und Frauen auf jetzt 467. Als ein Grund dafür gelte die Flüchtling­skrise, in deren Folge die Zahl rechtsextr­emistische­r Taten wie Anschläge auf Asylbewerb­erheime nach oben geschnellt sei, hieß es.

Die Linken-Abgeordnet­e Ulla Jelpke, die die Anfrage gestellt hatte, sagte, die Sicherheit­sbehörden müssten sich „endlich einmal etwas einfallen lassen, um der flüchtigen Nazis schneller habhaft zu werden“. Es sei beunruhige­nd, dass es einer dreistelli­gen Zahl von Neonazis gelinge, sich seit 2017 und länger der Festnahme zu entziehen, erklärte Jelpke. Ihr Büro ergänzte, eine Öffentlich­keitsfahnd­ung wäre nur konsequent, und verwies auf ein Ungleichge­wicht bei der Verfolgung rechter und linker Gewalt.

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