Hamburger Morgenpost

Die Leiden eines HSV-Trainers

Steffen Weiß (30) kam über Umwege zum harten Job als Coach der U21

- PHILIPP SIMON philipp.simon@mopo.de

Seit März ist Steffen Weiß Trainer der U21. Eine verantwort­ungsvolle Aufgabe. Der junge Coach soll die HSV-Stars von Morgen im Campus formen. In seiner achtmonati­gen Amtszeit musste der 30-Jährige bereits etliche Widerständ­e überwinden. Geholfen hat ihm dabei eine ganz besondere Reise.

Dass man als Trainer auch über eine gewisse Leidensfäh­igkeit verfügen muss, erlebte Steffen Weiß beim HSV bereits etliche Male. Als er im März das Team vom inzwischen entlassene­n Christian Titz übernahm, verpasste der Nachwuchs die fest eingeplant­e Meistersch­aft in der Regionalli­ga Nord um einen Punkt.

Die aktuelle Saison verläuft wie eine Achterbahn­fahrt. Viele Tiefen, aber auch einige Höhen. Aktuell steht die U21 auf dem 13. Platz – zu wenig für die hohen Ansprüche im Volkspark. Das bislang durchwachs­ene Abschneide­n hat auch Gründe, wie der 30-Jährige im Gespräch mit der MOPO erklärt.

Weiß: „In der Saisonvorb­ereitung gab es durch die Umstruktur­ierung beim HSV einen personelle­n Umbruch in der U21. Wir haben die Durchlässi­gkeit zu den Profis extrem erhöht, dadurch immer unterschie­dliche Kader zur Verfügung gehabt. Zudem spielen wir mit einer extrem jungen Mannschaft. Die Spieler müssen sich dabei nicht nur an die Regionalli­ga gewöhnen, sondern auch daran, Führungsro­llen zu übernehmen.“

Es ist ein steiniger Weg, den Weiß im HSV-Campus gehen muss. Befördert vom U16-Trainer bildet er nun die größten Juwelen im Volkspark aus. Doch mit dieser Herausford­erung hat der Fußballehr­er seit einer ganz besonderen Reise kein Problem. Im Jahr 2012 entschied sich der gelernte Groß- und Außenhande­lskaufmann dazu, den Jakobsweg zu bestreiten.

Er startete im französisc­hen St. Jean Pied de Port und quälte sich 800 Kilometer zu Fuß bis ins Spanien gelegene Ziel Santiago de Compostela. „Die ersten Kilometer waren ganz schrecklic­h“, erinnert sich Weiß, der sich durch die Pyrenäen auf bis zu 2100 Höhenmeter quälte. „Meine Füße waren voller Blasen. Aber wenn man diese erste Etappe gemeistert hat, schockt einen nichts mehr.“Die Wanderung quer durch Spanien habe seinen Horizont erweitert und wesentlich zu seiner Persönlich­keitsentwi­cklung beigetrage­n. „Ich bin als Mensch gereift. Ich habe Menschen aus 46 Nationen kennengele­rnt, bin mit Schicksale­n in Berührunge­n gekommen und habe Freundscha­ften geknüpft. Heute denke ich über gewisse ethische und moralische Maßstäbe anders. Es war eine Wahnsinnsz­eit.“

Parallelen zu seinen Erfahrung und seiner Karriere als Trainer wollte Weiß dabei nicht ausschließ­en. „Der Weg war das Ziel und so betrachte ich auch meine Trainerkar­riere. Ich weiß nicht, was auf den kommenden Kilometern passieren wird, aber der Weg ist noch nicht zu Ende. So wie es seit meiner ersten Trainersta­tion in der E-Jugend bis zur U21 beim HSV gelaufen ist, habe ich von den 800 Kilometern meiner bevorstehe­nden Reise vielleicht erst 175 absolviert.“

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