Die Leiden eines HSV-Trainers
Steffen Weiß (30) kam über Umwege zum harten Job als Coach der U21
Seit März ist Steffen Weiß Trainer der U21. Eine verantwortungsvolle Aufgabe. Der junge Coach soll die HSV-Stars von Morgen im Campus formen. In seiner achtmonatigen Amtszeit musste der 30-Jährige bereits etliche Widerstände überwinden. Geholfen hat ihm dabei eine ganz besondere Reise.
Dass man als Trainer auch über eine gewisse Leidensfähigkeit verfügen muss, erlebte Steffen Weiß beim HSV bereits etliche Male. Als er im März das Team vom inzwischen entlassenen Christian Titz übernahm, verpasste der Nachwuchs die fest eingeplante Meisterschaft in der Regionalliga Nord um einen Punkt.
Die aktuelle Saison verläuft wie eine Achterbahnfahrt. Viele Tiefen, aber auch einige Höhen. Aktuell steht die U21 auf dem 13. Platz – zu wenig für die hohen Ansprüche im Volkspark. Das bislang durchwachsene Abschneiden hat auch Gründe, wie der 30-Jährige im Gespräch mit der MOPO erklärt.
Weiß: „In der Saisonvorbereitung gab es durch die Umstrukturierung beim HSV einen personellen Umbruch in der U21. Wir haben die Durchlässigkeit zu den Profis extrem erhöht, dadurch immer unterschiedliche Kader zur Verfügung gehabt. Zudem spielen wir mit einer extrem jungen Mannschaft. Die Spieler müssen sich dabei nicht nur an die Regionalliga gewöhnen, sondern auch daran, Führungsrollen zu übernehmen.“
Es ist ein steiniger Weg, den Weiß im HSV-Campus gehen muss. Befördert vom U16-Trainer bildet er nun die größten Juwelen im Volkspark aus. Doch mit dieser Herausforderung hat der Fußballehrer seit einer ganz besonderen Reise kein Problem. Im Jahr 2012 entschied sich der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann dazu, den Jakobsweg zu bestreiten.
Er startete im französischen St. Jean Pied de Port und quälte sich 800 Kilometer zu Fuß bis ins Spanien gelegene Ziel Santiago de Compostela. „Die ersten Kilometer waren ganz schrecklich“, erinnert sich Weiß, der sich durch die Pyrenäen auf bis zu 2100 Höhenmeter quälte. „Meine Füße waren voller Blasen. Aber wenn man diese erste Etappe gemeistert hat, schockt einen nichts mehr.“Die Wanderung quer durch Spanien habe seinen Horizont erweitert und wesentlich zu seiner Persönlichkeitsentwicklung beigetragen. „Ich bin als Mensch gereift. Ich habe Menschen aus 46 Nationen kennengelernt, bin mit Schicksalen in Berührungen gekommen und habe Freundschaften geknüpft. Heute denke ich über gewisse ethische und moralische Maßstäbe anders. Es war eine Wahnsinnszeit.“
Parallelen zu seinen Erfahrung und seiner Karriere als Trainer wollte Weiß dabei nicht ausschließen. „Der Weg war das Ziel und so betrachte ich auch meine Trainerkarriere. Ich weiß nicht, was auf den kommenden Kilometern passieren wird, aber der Weg ist noch nicht zu Ende. So wie es seit meiner ersten Trainerstation in der E-Jugend bis zur U21 beim HSV gelaufen ist, habe ich von den 800 Kilometern meiner bevorstehenden Reise vielleicht erst 175 absolviert.“