Schussfahrt im Wilden Westen
Mammoth Mountain lockt mit 154 Pisten u
Von STEFAN HENSEKE
Kahle Prärie, ein paar Hügel, eine schnurgerade Straße, kaum Autos. Das, was wir aus dem Flieger erspähen, sieht auf den ersten Blick trostlos aus. UA5905 setzt zur Landung an, die Landebahn von Mammoth Lakes taucht auf – aber nichts, was einem richtigen Flughafen ähnelt. Nur ein paar Schuppen, eine Handvoll Privatflieger und ein etwas zu groß geratener Kiosk, der vorgibt, ein Terminal zu sein. Zu Fuß über das Flugfeld, durch ein Drehkreuz – und man steht vor dem „Flughafen“.
Plötzlich scheppert es – und durch eine Klappe rutscht uns das Gepäck vor die Füße. Skier und Skischuhe. Ja, wir wollen hier Ski fahren. Nur wo? Hier, wo man das Gefühl hat, dass sich allenfalls Kojote und Hase gute Nacht sagen.
Also Mietwagen abgeholt und rauf auf die schnurgerade Straße. Siehe da, nur wenige Kilometer weiter ändert sich das Bild schlagartig. Die Berge werden immer größer, die Hänge steiler, der Schnee höher – und plötzlich fahren wir durch ein Winterwunderland. Lichterketten und geschmückte Weihnachtsbäume leuchten im Dunkeln, an der Minaret Road tauchen vor uns holzverkleidete BautenimAlpenstilauf–dieAlpenhof Lodge. Im dazugehörigen Restaurant „Petra’s“gibt es Käsespätzle – auf der Menükarte genauso in Deutsch geschrieben. Und das mitten in Kalifornien.
Das malerische Örtchen Mammoth Lakes (7000 Einwohner) ist das Tor zu einem der größten (und in Europa unbekanntesten) Skigebiete der USA – Mammoth Mountain. Bis zu 3369 Meter hoch, mit 28 Liften, 154 Abfahrten und mehreren Bowls für Tiefschneeabfahrten ist das das größte Vulkanskiareal der Welt. Der Berg in der Sierra Nevada bildet den Südrand einer Caldera. An manchen Stellen bahnt sich die Vulkanhitze bis heute den Weg durch den Schnee. An der Kreuzung der Pisten Solitude und Relief ist ein größeres Areal abgesperrt. Zwischen den Felsen qualmt es, schwefliger Geruch zieht ab und zu an einem vorbei.
Die Wärme aus der Tiefe kann dem Schnee aber nichts anhaben. So viel fällt davon. Knapp 16 Meter waren es in der Saison 2016/17, bis in den August fuhren Lifte. In diesem November sind schon wieder 1,40 Meter Schnee gefallen, 94 von 154 Abfahrten sind zu dem frühen Zeitpunkt der Saison bereits offen. Pisten, die für jeden Skifahrer etwas bieten. 35 Prozent der Abfahrten werden für Könner ausgewiesen, 40 Prozent für Fortgeschrittene. Perfekt für Carver: die Abfahrt „Upper Road Runner“, drei Kilometer lang, 430 Meter Höhenunterschied, sanft geschwungen, megabreit.
Für Tiefschnee-Enthusiasten: die steile Bowl unterhalb von Sessellift 23. Für Genuss-Skifahrer: die Pisten, die zur Skihütte „The Outpost“führen – mit großer Terrasse, die ab Mittag voll in der Sonne liegt.
Am Nachmittag einen Abstecher wert: die alte Geisterstadt Bodie, ein ehemaliges und noch komplett erhaltenes Goldgräberstädtchen, das in den 60ern aufgegeben wurde. Ein guter Fotospot: der Mono Lake, ein natronhaltiger, 20 Kilometer langer Kratersee mit bizarr geformten Kalktuff-Formationen.
Und da wir hier in einer Vulkanlandschaft sind, lassen wir einen Skitag auch heiß ausklingen. Beim wilden Willi. In der Nähe des Airports, am Highway 395. In der Prärie, die erst so trostlos wirkte. Doch die wird, wie man aus der Nähe sieht, durchzogen von heißen Quellen. Wild Willy’s Hot Springs sind perfekt für ein (kostenloses) Entspannungsbad, Stege führen an das bis zu 40 Grad warme Wasser.