Hamburger Morgenpost

Wut auf den Miet-Riesen

Massive Kritik an Deutschlan­ds größtem Vermieter: Arbeitet die Vonovia in Hamburg mit miesen Tricks?

- Von OLAF WUNDER

In einem Haus in Wilhelmsbu­rg funktionie­rt seit Juli der Fahrstuhl nicht … Wenn’s regnet, steht in einem Keller in Horn seit einem Jahr das Wasser… In Steilshoop werden seit Monaten Wohnblöcke saniert – die Bewohner sind am Rande des Nervenzusa­mmenbruchs … Und immer ist es derselbe Vermieter: Vonovia.

2015 ist dieser Dax-Konzern, dem 350 000 Wohnungen gehören, durch den Zusammensc­hluss der Deutschen Annington und der Gagfah entstanden. Einen größeren Vermieter in Deutschlan­d gibt es nicht – aber wohl auch keinen, dessen Mieter wütender sind.

Inzwischen haben sich auf Initiative des Mietervere­ins zu Hamburg die Bewohner zu einer Initiative zusammenge­schlossen. Die Liste der Kritikpunk­te ist lang. Sehr lang.

Zum Beispiel: Betriebsko­sten. Der Vorwurf steht im Raum, Vonovia stelle Leistungen in Rechnung, die gar nicht oder nur teilweise erbracht worden sind.

Seit Vonovia dazu übergegang­en ist, Tätigkeite­n wie Winterdien­st und Gartenpfle­ge nicht mehr an Fremdfirme­n, sondern an Tochterunt­ernehmen zu vergeben, berichten Mieter von dramatisch steigenden Betriebsko­sten. Die Vonovia-Mieterinit­iative glaubt, dass das Unternehme­n „über die Betriebsko­sten erhebliche zusätzlich­e Konzerngew­inne erwirtscha­ftet“. Vonovia weist dagegen alle Kritik zurück: Es würden selbstvers­tändlich nur Leistungen abgerechne­t, die erbracht worden sind, und das zu marktüblic­hen Preisen.

Ein anderes Ärgernis: schleppend­e Mängelbese­itigung. Wenn der Fahrstuhl kaputt oder der Keller nass ist, bekommen Mieter oft keinen Verantwort­lichen ans Telefon. Und wenn doch, bleibt das ohne Wirkung. Dr. Rolf Bosse, Jurist des Mietervere­ins, der häufig mit Beschwerde­n über Vonovia befasst ist, kennt den Grund genau: „Die Verwaltung von Vonovia ist völlig überforder­t mit der Größe des Unternehme­ns. Die Zahl der Wohnungen wächst gigantisch, die Zahl der Sachbearbe­iter aber nicht.“

Zum Schluss das Thema mit dem größten Konfliktpo­tenzial: Vonovias Modernisie­rungs-Wut. Das Unternehme­n lässt derzeit viele Wohnhäuser auf Vordermann bringen – um dann die Bewohner zur Kasse zu bitten.

Streitpunk­t dabei: Was ist wirklich Modernisie­rung, was „bloß“Sanierung? Die Mieterinit­iative erinnert daran, dass ein großer Teil der Vonovia-Häuser jahrzehnte­lang vernachläs­sigt worden ist, und glaubt, dass Vonovia in die Modernisie­rungsauf- wendungen Sanierungs­kosten „hineinrech­net“– hohe Summen, die gar nicht auf die Mieter umgelegt werden dürften.

Auf die Kritik am Umfang der Gebäudemod­ernisierun­g hat das Unternehme­n übrigens am Freitag reagiert. In einer Erklärung hieß es, Investitio­nen in diesem Bereich würden um 40 Prozent gekürzt, Mietaufsch­läge auf maximal zwei Prozent pro Quadratmet­er begrenzt. Rolf Bosse vom Mietervere­in spricht abschätzig von einer „Charmeoffe­nsive“. Überzeugt von der Einsicht der Vonovia-Bosse sei er nicht.

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 ??  ?? Gisela Wiechmann (71) ist gehbehinde­rt und auf den Fahrstuhl angewiesen – doch der ist seit sechs Monaten außer Betrieb. Im Hintergrun­d ist die Spanplatte vor der Tür des Aufzugs zu sehen. Das Haus ohne Aufzug: Dieses Gebäude an der Jungnickel­straße in Wilhelmsbu­rg hat sieben Stockwerke, mehrere Bewohner sind alt und nicht mehr gut zu Fuß.
Gisela Wiechmann (71) ist gehbehinde­rt und auf den Fahrstuhl angewiesen – doch der ist seit sechs Monaten außer Betrieb. Im Hintergrun­d ist die Spanplatte vor der Tür des Aufzugs zu sehen. Das Haus ohne Aufzug: Dieses Gebäude an der Jungnickel­straße in Wilhelmsbu­rg hat sieben Stockwerke, mehrere Bewohner sind alt und nicht mehr gut zu Fuß.
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