Baby fast totgeschüttelt
Das Kind wird lebenslang behinert sein.
Die kleine Lena (Name geändert) durfte nur fünf Wochen als gesundes Baby leben–dannschüttelteihrVater (41) den zarten Körper so heftig, dass aus Lena ein schwerstbehindertes hirngeschädigtes, blindes Kind wurde. Er wolle bitte nicht ins Gefängnis, bat der stellvertretende Marktleiter eines Discounters unter Tränen zum Prozessende. Die Staatsanwaltschaft forderte viereinhalb Jahre wegen versuchten Totschlags.
Der Psychiater, der Michel F. im Auftrag des Gerichtes begutachtete, bescheinigt dem schmächtigen Kaufmann einen Mangel an Empathie. So sei im Gespräch etwa die trockene Bemerkung gekommen: „Meine Frau und ich haben zwei Kinder, aber von dem zweiten haben wir nicht viel.“Dennoch sei der Angeklagte voll schuldfähig.
Michel F. und seine Frau kennen sich schon seit der Konfirmation. Sie heirateten, bekamen 2010 ihre erste Tochter. Bereits damals hatte der junge Vater Angst, er könne dem Baby Gewalt antun – das weitergeben, was er selbst als Kind erfahren hatte. Als Junge hat er oft unter dem Bett geschlafen, dem einzigen Ort, an dem er sich sicher fühlte vor den PrügelAttacken seines Vaters.
Michel F. begann eine Psychotherapie. „Er hat als Kind viele Schläge bekommen, bemerkt seitdem zu spät, wenn er wütend wird“, so der Gutachter. Im August 2017 kommt Lena zur Welt, das langersehnte zweite Wunschkind.
Das Baby leidet unter Koliken. „Brüllen“, sagt Michel F. dazu. Die Mutter zieht sich jeden Abend um Mitternacht in den Keller des Langenhorner Einfamilienhauses zurück, um zu schlafen, ohne das „Brüllen“. Bei der ersten Tochter litt sie unter postnatalen Depressionen, die gilt es nun zu verhindern.
Der Vater übernimmt, bis er um vier Uhr aufstehen muss. Nach wenigen Wochen sagt Michel F. seiner Frau, dass er am Ende seiner Kräfte sei. Ihre Antwort: „Reiß dich zusammen, die Koliken sind bald vorbei.“
Am 30. September kommt es zum ersten Gewaltausbruch: Michel F. schlägt dem weinenden Baby mit der Faust auf die Schläfe, der Schädel bricht, was jedoch unbemerkt bleibt. In der Nacht zum 8. Oktober dann das Schütteln mit katastrophalen Folgen. Michel F. hat bereits einem Schmerzensgeld von 500 000 Euro zugestimmt. Mit seiner Frau ist er weiterhin zusammen. „Jeder macht mal Fehler“, soll sie zu ihm gesagt haben. Das Kind lebt jetzt bei einer Pflegefamilie. Urteil am 13. Oktober.