So schnell gibt es Kiez-Verbot
Warum die Polizei ohne Richter entscheiden kann, dass Hamburger monatelang einen Stadtteil nicht betreten dürfen
Kiez-Verbot für Huren? Wie geht das denn? Das haben sich gestern viele Leser gefragt. Die Polizei im bekanntesten Rotlichtviertel der Welt hatte dort zwei Prostituierte ausgesperrt, weil sie mehrfach Freier ausgeplündert hatten. Rechtsgrundlage ist der §12 des Hamburger Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG). Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen zu dieser Regelung.
Was genau haben die beiden Prostituierten getan?
Laut Polizei haben die beiden Frauen vom Straßenstrich an der Davidstraße „Kunden“mit Dumping-Angeboten in eine Absteige an der Reeperbahn gelotst. Dort „entlockten“die 26 und 34 Jahre alten Prostituierten den meist schon halb bekleideten und oft angetrunkenen Freiern die EC-Karten und die PIN, um für die Männer die Abbuchungen zu übernehmen. Doch statt vereinbarten 100 oder 200 Euro „Liebeslohn“waren es dann bis zu 8000 Euro, die von den Konten der Opfer abgebucht wurden. Bei den Betroffenen handelt es sich oft um Touristen aus Skandinavien oder der Schweiz. Es gibt Schätzungen, dass aus Scham nur etwa jeder zehnte Betrogene eine Anzeige erstattet. Die anderen stecken den Verlust weg, wollen oft auch durch eine öffentliche Gerichtsverhandlung nicht ihre Ehe gefährden. Immerhin in etwa jedem vierten Fall gelingt es der Kripo, eine verdächtige Prostituierte zu ermitteln. Was hat die Polizei jetzt angeordnet?
Die beiden betroffenen Frauen dürfen sich für drei beziehungsweise sechs Monate nicht auf dem Kiez blicken lassen. So soll verhindert werden, dass sie dort auch künftig weitere Männer abzocken.
Was ist die Rechtsgrundlage dafür?
Im Sicherheits- und Ordnungsgesetz heißt es: „Zur Verhütung von Straftaten kann einer Person die Anwesenheit an bestimmten Orten der Freien und Hansestadt Hamburg für längstens sechs Monate untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen wird.“
Was ist, wenn die Person in der „Verbotszone“wohnt?
Das Aufenthaltsverbot darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung des Betroffenen beschränken. In seltenen Fällen sind aber selbst davon Ausnahmen möglich, wenn dies der Gefahrenabwehr dient.
Wer verhängt das Aufenthaltsverbot?
Meist das örtliche Polizeikommissariat (PK). Bei längeren Aufenthaltsverboten prüft das Landeskriminalamt (LKA) die Maßnahme.
Was gibt es noch an Beispielen für Aufenthaltsverbote?
Wer als Seriendieb oder Autoknacker immer wieder im selben Stadtteil zuschlägt, kann ebenfalls mit einem Aufenthaltsverbot belegt werden.
Gibt es auf St. Pauli eine spezielle Lage?
Ja, seit Dezember 2016 ist der Kiez vom Polizeipräsidenten als „gefährlicher Ort“bestätigt. Diese Einordnung erlaubt es Polizisten, Identitätsfeststellungen und Durchsuchungen von Verdächtigen leichter durchzuführen. Der Hintergrund dafür ist die Gewalt-und Drogenkriminalität im Stadtteil. An diesem Wochenende haben die Beamten der Davidwache sowie Bereitschaftspolizisten auf dieser Rechtsgrundlage 169 Personen überprüft. Gegen 16 mutmaßliche Gewalttäter und vier Dealer wurden kurzfristige Aufenthaltsverbote ausgesprochen. Das konkret als „gefährlicher Ort“auf St. Pauli klassifizierte Gebiet liegt zwischen Fischmarkt, Großer Freiheit und Millerntorplatz.
Drei beziehungsweise sechs Monate lang dürfen die Frauen (26/34) auf St. Pauli nicht „anschaffen“gehen.