Hoher See
dass wir Nasenbluten bekamen. Manchmal hatten sich auf dem Schiff Eisblöcke von eineinhalb Metern Höhe aufgetürmt, die wir zerschlagen mussten, um arbeiten zu können. Klingt seltsam, aber die ruhigsten Feste erlebte ich, wenn draußen ein Orkan wütete. Dann konnten wir nicht fischen.
Aber nicht alles war trostlos. Es gab Momente, die so wunderschön und still waren, dass ich sie nie vergessen werde. Ich stand auf der Brücke meines Trawlers und schaute über die Labradorsee, irgendwo zwischen Grönland und Kanada. In einem Umkreis von zehn Meilen lagen etwa vier Dutzend Schiffe. Die Labradorsee war ruhig, und die bunten Lichter der Trawler spiegelten sich auf dem Wasser.
Es sah aus wie ein Meer von Weihnachtsbäumen.“ „Als Kapitän eines Trawlers auf dem Nordatlantik war ich Arzt, Seelsorger und Psychologe zugleich. Besonders schlimm war es zu Weihnachten, wenn die Stimmung der Besatzung, von der einige Kinder hatten und ihre Familien vermissten, auf Tiefseeniveau absank. Andererseits spürte man den Druck, den Betrieb am Laufen zu halten, und bekam vom Reeder vor der Abfahrt einen Zettel zugesteckt, auf dem stand: ,Neu! Vor allem Rotbarsch und Kabeljau fangen! Seelachs so wenig wie möglich.‘ Dann hieß es, nicht nur Fisch zu fangen, sondern obendrein den richtigen Fisch zu finden.
Fischer auf dem Nordatlantik zu sein war nie ein Vergnügen: Sturm, Eis und das Risiko, sich schwer zu verletzten, gehören zu diesem Beruf. Einem Matrosen durchschnitt eine gebrochene Kette das Kniegelenk, wie mit einem Peitschenhieb. Ein anderer verlor seine Augenbraue. Wir haben die Wunden geklammert. Wenig später waren die Männer wieder einsatzfähig.“