Hamburger Morgenpost

Brexit: Wie geht es weiter?

May übersteht den Angriff der Opposition, doch die britischen Chaoswoche­n nehmen kein Ende. Die wichtigste­n Fragen und Antworten

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Das Chaos ist perfekt! Großbritan­nien steuert auf einen „harten Brexit“ohne ein Abkommen mit der EU zu. Was bedeutet das für die Zukunft? Und gibt es noch einen Ausweg? Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Wie reagiert die deutsche Politik? Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte: „Wir wollen den Schaden – es wird in jedem Fall einen Schaden geben durch den Austritt Großbritan­niens – so klein wie möglich halten. Deshalb werden wir versuchen, eine geordnete Lösung weiter zu finden.“Die Bereitscha­ft, den Briten entgegenzu­kommen, scheint aber gering: „Mir fehlt der Glaube, dass kleinere Zugeständn­isse seitens der EU oder die Verschiebu­ng des Austrittst­ermins etwas an der Situation ändern könnten“, sagte Florian Hahn (CSU), europapoli­tischer Sprecher der Unionsfrak­tion, dem Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d (RND).

Wie reagiert die EU? Man werde die Vorbereitu­ngen für eine Verabschie­dung des ausgehande­lten Austrittsa­bkommens trotz des „Neins“im britischen Unterhaus fortsetzen, erklärte EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker. FDP-Fraktionsv­ize Alexander Graf Lambsdorff forderte gegenüber dem RND: „Die EU muss zu einem Sondergipf­el zusammenko­mmen, um über Konsequenz­en zu beraten.“EU-Chefunterh­ändler Michel Barnier deutete seine Bereitscha­ft zu weiteren Verhandlun­gen an – Voraussetz­ung sei aber, dass die Briten ihre „roten Linien“beispielsw­eise in der IrlandFrag­e verschöben.

Was passiert jetzt in der deutschen Wirtschaft? Joachim Lang, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands der Deutschen Wirtschaft, warnt vor einer „unmittelba­r durchschla­genden Rezession in der britischen Wirtschaft“, die auch an Deutschlan­d nicht unbemerkt vorüberzie­hen werde. Der Deutsche Aktieninde­x (DAX) zeigte gestern zunächst trotzdem keine großen Ausschläge. Dahinter steht die Hoffnung, dass der Brexit doch noch in geordnete Bahnen gelenkt wird, und das Wissen, dass die meisten deutschen Unternehme­n – vor allem die Autobauer – längst auch auf einen „harten Brexit“eingestell­t sind. Trotzdem: Laut der Unternehme­nsberatung Oliver Wyman würden die EU und ihre Unternehme­n einen Austritt mit 37 Milliarden Euro im Jahr bezahlen. Die deutsche Wirtschaft wäre demnach mit 9 Milliarden Euro betroffen.

Gibt es noch eine Alternativ­e zum „harten Brexit“? Theoretisc­h wäre eine zweite Abstimmung über den EUAustritt möglich. May könnte die Nation vor die Frage stellen: Wollt ihr meinen Deal oder in der EU bleiben? Allerdings bleibt dafür bis zum geplanten Austritt Ende März kaum Zeit. Auch Neuwahlen oder ein substanzie­lles Nachgeben der EU würden einen „No-deal-Brexit“wohl noch abwenden. Beides gilt als unwahrsche­inlich.

Wie geht es mit May weiter? Premiermin­isterin Theresa May hatte schon vor der Brexit-Abstimmung erklärt, sie wolle auf jeden Fall im Amt bleiben. Am Mittwochab­end sprachen ihr 325 Parlamenta­rier das Vertrauen aus. 306 stimmten gegen sie. Damit ist Labour-Opposition­schef Jeremy Corbyn mit seinem Plan gescheiter­t, per Neuwahlen nach der Macht zu greifen. Er wollte den Brexit nicht rückgängig machen, aber einen „besseren“Deal aushandeln. Nun steht der

intern umstritten­e Parteichef vor einem Dilemma: Viele LabourAbge­ordnete wünschen ein zweites Brexit-Referendum. Zu dieser Forderung muss Corbyn jetzt Farbe bekennen.

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Foto: Mark Duffy/AP Theresa May darf trotz der Abstimmung­sniederlag­e weiterregi­eren.
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Gescheiter­ter Opposition­sführer: LabourChef Jeremy Corbyn wollte May das Vertrauen entziehen.
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John Bercow in vollem Ornat. Diese Robe trägt der Speaker etwa zur Parlaments­eröffnung wie hier 2017, wenn Königin Elizabeth spricht.
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