Museum zeigt die nackte Sachlichkeit
Bucerius-Kunst-Forum präsentiert Kunst der zwanziger Jahre
Frauen, die sich in Laken räkeln. Menschen, denen der Hunger ins Gesicht geschrieben steht. Szenen aus Wirtshäusern und Ateliers. Alles ungeschönt, realistisch, nüchtern. Die Bilder zeigen eine „Welt im Umbruch“– die Kunst der zwanziger Jahre.
Mit seiner letzten Ausstellung in den alten Räumen bricht das Bucerius-KunstForum noch einmal alle Rekorde: So viele Bilder wie nie zuvor werden gezeigt, die Schau ist die größte in der Geschichte des Hauses. Gemälde, Fotos und Zeichnungen von 70 Künstlern sind zu sehen – darunter Stars wie Otto Dix, Christian Schad, Umbo und Emil Otto Hoppé.
„Wir beenden die Zeit in diesem Gebäude mit einem großen Schlussakkord“, sagt entsprechend auch Geschäftsführer Andreas Hoffmann. Eigentlich hätte es die erste Ausstellung nach dem Umzug an den neuen Standort sein sollen, die Eröffnung am Alten Wall wird jetzt aber erst im Juni gefeiert.
Dann also noch ein letztes Mal im ehrwürdigen Zweigeschossbau: 175 Gemälde und Fotografien sind dort ab morgen zu sehen. Den Machern geht es darum, die Kunst der „Neuen Sachlichkeit“(heißt: sehr nüchterne, präzise Malerei) mit der
Kunst des „Neuen Sehens“(heißt: sehr direkte, authentische Fotografie) in Verbindung zu setzen. Es ist ein Blick auf die kurze Epoche zwischen den Weltkriegen, ein Blick auf die erste Demokratie Deutschlands, auf ebenjene titelgebende „Welt im Umbruch“, eine Zeit zwischen höchster Modernität und Massenarbeitslosigkeit, zwischen Prahlhansigkeit und dem täglichen Kampf ums Überleben.
Mit teils erstaunlichen Parallelen zur heutigen Zeit: ein „Selfie“von 1930 ist zu sehen, Stillleben von Kakteen (heute wieder die Lieblingspflanze vieler Einrichtungs-Gurus) und Menschen, die sich um die Demokratie sorgen. „Das ist das Spannende an der Ausstellung“, sagt Kuratorin Kathrin Baumstark, „es gibt in jedem Winkel viel zu entdecken.“
➤ Bucerius-Kunst-Forum: 9.2.19.5., Mo-Mi/Fr-So 11-19 Uhr, Do 1121 Uhr, Rathausmarkt 2, 9/6 Euro (frei bis 18 Jahre)