Hamburger Morgenpost

„Ich hatte schon meine Beerdigung geplant“

Der 2017 schwer erkrankte St. Pauli-Held wird 70

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Von BUTTJE ROSENFELD

Er war einer der besten Techniker, die St. Pauli je hatte. Der Ball gehorchte ihm wie ein gut dressierte­r Hund an der Leine. Heute wird Rolf Höfert, 1977 Kapitän der ersten Bundesliga­Aufstiegsm­annschaft der Braun-Weißen, 70 Jahre alt.

Dass Höfert feiern kann, hat der in Hamburg geborene Wahl-Schweizer den Ärzten im „Lindenhofs­pital“in Bern, wo er seit 40 Jahren wohnt, und seinem unbändigen Willen zu verdanken. Am 6. Dezember 2017 war bei ihm Darmkrebs im fortgeschr­ittenem Stadium festgestel­lt worden.

„Ich habe die Darmspiege­lung 20 Jahre zu spät gemacht“, gibt er zu. Nach dem ersten Schock („In Gedanken hatte ich schon meine Beerdigung geplant“) musste Höfert leiden: zwei schwere Operatione­n, Bestrahlun­gen und Chemothera­pien – das volle Programm.

Mittlerwei­le haben die Mediziner alles im Griff: „Aber es gibt auch nach der Entfernung des Tumors keine Garantie, dass es so bleibt.“Als Jammern möchte Höfert das aber nicht verstanden wis- sen. Sein Motto: „Es geht weiter, immer weiter.“Seinen Optimismus hat Höfert nie verloren – auch weil Familie und Freunde eisern zu ihm hielten.

Auch das Interesse am Fußball tat gut: Höfert, der 1971 von BU zum Millerntor wechselte, ist im Herzen immer noch St. Paulianer. „Ich habe beim Weltklub, wie ihn der damalige Präsident Ernst Schacht immer scherzhaft nannte, tolle Zeiten erlebt. Ob’s die Regionalli­ga-Meistersch­aften 1972 und 1973 waren, der Bundesliga-Aufstieg 1977 oder der 2:0-Sieg beim HSV.“Woran er sich – mit einem Schmunzeln – ebenfalls erinnert: „Als St. Pauli kaum Geld hatte, standen wir vor der Geschäftss­telle Schlange und warteten auf Abschlagsz­ahlungen. Wie schön, dass der Verein die Finanzen schon lange super im Griff hat.“

Höfert, der 1978 ein Angebot als Nachfolger von Franz Beckenbaue­r vom FC Bayern hatte, das vom Kiezklub trotz möglicher 400 000 Mark Ablöse abgelehnt wurde, sieht fast jedes Spiel im TV und ist bei seinen wenigen Hamburg-Besuchen auch ab und zu am Millerntor. Seine Prognose für diese Saison: „Über die Relegation können die Jungs den Aufstieg schaffen.“

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Derby-Held: St. Paulis Rolf Höfert feiert den 2:0-Sieg beim HSV 1977.

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