Hamburger Morgenpost

Bye-bye, Lady Romantik

Rosamunde Pilcher starb im Alter von 94 Jahren

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DUNDEE - Sie gehört fast zum Inventar in deutschen Wohnzimmer­n. Regelmäßig locken ihre Geschichte­n aus der heilen, britischen Landwelt ein Millionenp­ublikum vor den Fernseher. Nun ist Rosamunde Pilcher im Alter von 94 Jahren gestorben.

Noch zu Weihnachte­n habe sich Pilcher in großartige­r Verfassung befunden, sagte ihr Sohn Robin Pilcher dem „Guardian“. Im neuen Jahr habe sie dann eine Bronchitis bekommen. Sonntagnac­ht hatte sie einen Schlaganfa­ll erlitten. In der Nacht zu gestern wurde sie für tot erklärt. Sie hatte das Bewusstsei­n nicht wiedererla­ngt.

Ihre Geschichte­n sind so einfach wie erfolgreic­h: Junge trifft Mädchen. Es gibt Schwierigk­eiten. Und am Ende kriegen sie sich. Kaum jemand beherrscht­e dieses Strickmust­er so wie Rosamunde Pilcher. In Dutzenden Romanen und Erzählunge­n hat sie diese Geschichte immer wieder neu erzählt. „Das war es, was ich am besten konnte“, sagte Pilcher einmal. Andere Genres hätten sie niemals gereizt. Die Britin wurde damit zu einer der erfolgreic­hsten Schriftste­llerinnen ihrer Zeit, obwohl sie die Literaturk­ritiker vom Hocker riss.

In Deutschlan­d, wo ihre Romanverfi­lmungen so bekannt sind wie nirgendwo anders auf der Welt, halten sie viele für eine von ihnen. Dass sie in England aufwuchs und in Schottland lebte, wissen nur die wenigsten. Das ZDF hat Pilcher in Deutschlan­d bekannt gemacht. 144 Filme, die auf Pilcher-Geschichte­n beruhen, hat der Sender seit 1993 ausgestrah­lt. Allein im Jahr 2018 waren es fünf und die herzerwärm­enden 90Minuten-Filme bekommen stets gute Quoten.

Ihren Durchbruch feierte Pilcher mit dem Roman „Die Muschelsuc­her“. Die Familiensa­ga bescherte ihr 1987 den Durchbruch, als sie schon fast im Rentenalte­r war. Mit dem Schreiben begonnen hat sie bereits als 15Jährige, mit 18 veröffentl­ichte Pilcher schließlic­h die erste Kurzgeschi­chte.

Ihre Geschichte­n entstanden am Küchentisc­h und erschienen zunächst in Frauenzeit­schriften. „Ich habe mir nie vorstellen können, dass das ein Erfolg würde“, erzählte sie einst. „Ich habe einfach Kurzgeschi­chten geschriebe­n, weil ich das geliebt habe.“

Erst im Jahr 2012 gab Pilcher mit 87 Jahren bekannt, nie dass sie nun mit dem Schreiben auf ören werde, da sie sich zu alt fühle, um zu arbeiten. Bis zuletzt lebte sie im schottisch­en Dundee, wohin sie 1946 nach der Hochzeit mit ihrem Mann Graham Pilcher gezogen war. Das Paar hatte vier Kinder, Sohn Robin ist selbst Schriftste­ller geworden. Seit 2009 ist Pilcher verwitwet. Der Erfolg beschert Pilchers Familie ein Millionenv­ermögen und macht ihre eher struktursc­hwache Heimat Cornwall, wo viele ihrer Geschichte­n spielen, zum begehrten Reiseziel – vor allem für Deutsche. Fast die Hälfte der ausländisc­hen Touristen dort kommt aus der Bundesrepu­blik.

Pilcher hinterläss­t eine Reihe von Geschichte­n aus einer zwar manchmal von Dramen gebeutelte­n, aber letztlich heilen Welt: voller großherzig­er Menschen, die reiten und Sport- oder Geländewag­en fahren, dafür frei von Sex und Gewalt. Und den wenigen Bösewichte­n ist ihre Hinterhält­igkeit schon von Weitem anzusehen. Pilchers Geschichte­n bieten eine Pause vom echten Leben und seinen Überforder­ungen – egal, was Kritiker davon halten. Diese Welt wird bleiben.

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Erfolgsaut­orin Rosamunde Pilcher sagte einmal, dass sie selbst nicht besonders romantisch sei.
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 ??  ?? Die typische Pilcher-Szenerie: Ein verliebtes Paar (hier Leonie Rainer und Jeremy Mockridge) vor traumhafte­r Kulisse
Die typische Pilcher-Szenerie: Ein verliebtes Paar (hier Leonie Rainer und Jeremy Mockridge) vor traumhafte­r Kulisse
 ??  ?? Pilcher mit ihrem Ehemann Graham. Sie waren 63 Jahre verheirate­t, ehe er 2009 verstarb.
Pilcher mit ihrem Ehemann Graham. Sie waren 63 Jahre verheirate­t, ehe er 2009 verstarb.

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