Hamburger Morgenpost

So heftig ist der Honka-Film

Kiez-Horror nur für starke Nerven

- Von ANNE-KATTRIN PALMER UND KARIM MAHMOUD

Ganz klar: Für einen netten Abend ist Fatih Akins „Der Goldene Handschuh“keine gute Wahl. Nicht nur weil der Streifen über den Serienmörd­er aus Ottensen erst frei ab 18 ist. Sondern weil man sehr, sehr starke Nerven braucht, um das drastische Geschehen zu ertragen. Der Akin-Beitrag sorgt bei seiner Premiere auf der Berlinale für großes Aufsehen.

Der Film über Fritz Honka (1935-1998) ist in seinem brutalen und schmutzige­n Realismus fast unerträgli­ch. Gezeigt wird neben extremen Alkoholexz­essen der schier endlos dauernde Todeskampf seiner Mordopfer. Dabei ist die Kamerapers­pektive eigentlich expression­istisch: von unten nach oben gerichtet und oft verzerrend.

Honka (Jonas Dassler spielt ihn mit einer monstermäß­igen Körperlich­keit) tötete in den 70er Jahren in seiner schmierige­n Hamburger Mansarde vier Frauen. Akin macht daraus und aus der Romanvorla­ge von Heinz Strunk einen bizarren, aber fasziniere­nden Genremix: eine rabenschwa­rze Komödie mit Horror-Elementen.

Bei der Premiere am Sonnabend sagte er: „Ich wünsche mir eine Welt ohne Serienmörd­er.“Er habe Gewalt nicht zelebriere­n, jedoch verstörend zeigen wollen, so Akin, der 2004 bereits einen Goldenen Bären gewann („Gegen die Wand“). „Der Film ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Und das ist auch okay“, sagt er.

Der 45-jährige Hamburger kennt St. Pauli und die klebrigen Tresen der Kiezkneipe­n aus eigener Anschauung. Er habe allen Figuren eine Würde geben wollen, sagt er. Dem Mörder, aber auch den Frauen. Bei ihnen wolle er den Überlebens­willen zeigen.

Vieles ist wie eine Groteske inszeniert. Honka hängt gegen den Leichenger­uch zum Beispiel grüne Duftbäumch­en auf. Es wird gekotzt, gewürgt, geschlacht­et, vergewalti­gt, gemordet. Meist geschieht das eher erwartbar, nicht überrasche­nd wie in einem Horrorscho­cker.

Ihnen sei bewusst gewesen, dass sie harte Sachen zeigten, räumt Produzenti­n Nurhan Sekerci-Porst ein. Für das Team hätten sie daher Psychologi­nnen am Set gehabt.

Wie sich manche Szene für die Schauspiel­erinnen angefühlt habe? Sie habe sich beim Dreh nicht ausgeliefe­rt gefühlt, versichert Margarethe Tiesel, die eine Frau ganz am untersten Ende der Gesellscha­ft spielt. „Die Wahrheit wird einfach erzählt.“Für den Zuschauer ist nur schwer erträglich – einige Kritiker beschwerte­n sich danach über „Ekel“oder „würdelosen Frauenhass“und bezeichnet­en den Film als „erstes Ärgernis des Festivals“.

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 ??  ?? Regisseur und Produzent Fatih Akin (M.), Schauspiel­er Jonas Dassler und Autor Heinz Strunk (l.) kommen zur Premiere. Jonas Dassler als Fritz Honka in einer Szene des Films „Der Goldene Handschuh“
Regisseur und Produzent Fatih Akin (M.), Schauspiel­er Jonas Dassler und Autor Heinz Strunk (l.) kommen zur Premiere. Jonas Dassler als Fritz Honka in einer Szene des Films „Der Goldene Handschuh“
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