Viel gestern, zu wenig morgen
Dass die SPD dieser Tage den Agenda-Reformen von Ex-Kanzler Schröder die Härten nehmen will, kann für die Partei überlebenswichtig und muss für die Gesellschaft nicht schlecht sein. Dass die CDU sich zeitgleich mit Merkels Flüchtlingspolitik auseinandersetzt, ist für sie taktisch ähnlich wichtig. Doch während beide Parteien den Fehlern von gestern nachgehen, verschlafen sie es, den Sozialstaat zukunftsfähig zu machen: Jenseits des Streits über die Mindestrente müsste die Koalition eine Rentenreform aufsetzen.
Den Ruheständlern stehen weniger Beitragszahler gegenüber. Die Regierung hat nur eine Kommission eingesetzt und spielt auf Zeit. Auch die Digitalisierung verschläft sie. Ein „Recht auf Arbeit“, wie die SPD es jetzt fordert, ist nur ein Slogan. Gebraucht wird ein Recht auf Weiterbildung, mit praktischen Lösungen für die Arbeitsagenturen, die das organisieren müssten. Der technologische Wandel wird alte Arbeitsplätze vernichten und neue schaffen. Qualifikationen müssen angepasst werden. Das ist es, worauf der Sozialstaat des 21. Jahrhunderts reagieren muss.