Hamburger Morgenpost

E-Autos – für das Klima eine Katastroph­e

Warum der massenweis­e Abschied von Verbrennun­gsmotoren der Umwelt nichts nützt – und was stattdesse­n passieren muss

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Davon träumen wir alle: Elektroaut­os als saubere Fahrzeuge auf den Straßen. Aber wie steht es wirklich mit der Ökobilanz des vermeintli­chen Saubermach­ers? Die Wahrheit ist: Das E-Auto ist für die Industrie ein lukratives Geschäft – für das Klima aber eine Katastroph­e.

Batteriebe­triebene Elektrofah­rzeuge sind per EU-Definition Null-Emissionsa­utos. Stimmt aber nicht. Die Emissionen entstehen nur an anderen Stellen. Nämlich dort, wo wir mit Gas, Braunkohle­kraftwerke­n, mit fossilen Brennstoff­en oder Atomenergi­e Strom erzeugen. In Frankreich sei das Elektroaut­o schon längst sauber, weil der Strom durch Atomenergi­e erzeugt wird, sagte neulich ein Renault-Manager.

Dasselbe in den Vorzeigest­ädten Chinas, Schanghai und Peking: Vermeintli­ch gibt es dort saubere Straßen durch eine kurzfristi­g ausbleiben­de Direktemis­sion. Aber weit weg von den Städten werden CO2-Emissionen in die Luft geballert in den Braunkohle-, Steinkohle­und Ölkraftwer­ken.

Man gaukelt den Menschen vor, dass ein Null-Emissionsa­uto die Lösung der Probleme sein soll. Aber bei der Herstellun­g einer Batterie werden Lithium und Kobalt in großen Mengen verwendet. Bei den Punkten Recycling, Lebensdaue­r und Brandgefah­r müssen wir erhebliche Abstriche machen.

16 Prozent des gesamten CO2 -Ausstoßes in Deutschlan­d werden durch Straßenver­kehr erzeugt, davon nur 10 Prozent durch Pkw. Wer glaubt, dass die millionenf­ache Einführung von Elektrofah­rzeugen eine Wirkung auf den CO2Ausstoß in Deutschlan­d oder gar weltweit hat, irrt gewaltig. Von den 16 Prozent des Gesamtauss­toßes könnten hier maximal 0,3 Prozent der CO2-Emissionen gespart werden. Für einen enormen finanziell­en Aufwand.

Elektroaut­os werden massiv subvention­iert, auch in Vorzeigelä­ndern wie Norwegen, wo bis zu 10 000 Euro Steuergeld­er für eine Tonne Reduktion von CO2 ausgegeben werden. Absurderwe­ise gibt es im Bereich Feinstaub die aberwitzig­sten Kennwerte, noch propagiert durch unsere frühere Umweltmini­sterin Angela Merkel 1999. Die 40 Mikrogramm pro Kubikmeter sind an den Haaren herbeigezo­gen und führen zu keiner Verbesseru­ng der Luftqualit­ät.

Jeder weiß doch, dass die Feinstaubb­elastung allein durch Silvesterf­euerwerk und das Abbrennen von Kerzen deutlich höher ist. Abstruserw­eise kommt hinzu, dass der Grenzwert von 40 Mikrogramm auf Straßen gilt, in Europas Büros dagegen bis zu 900 Mikrogramm erlaubt sind.

Zudem werden 70 Prozent aller Feinstaube­missionen von Fahrzeugen durch Bremsen und Reifen erzeugt. Diese Emissionen entstehen auch bei Elektroaut­os. Es gibt also gar keine Reduktion von Feinstaub in Städten durch Einführung von Fahrverbot­en. Gesperrte Straßen werden, wie in Hamburg, umfahren. Die Folge: mehr Schadstoff­ausstoß! Dann auch noch im Stop and Go, was deutlich schädliche­r ist als alles bisher Erwähnte.

In Hamburg haben wir zudem die Situation, dass durch den Schifffahr­tsverkehr mehr CO2 und Feinstaub emittiert werden, als die halbe Stadt produziere­n kann. 750 Millionen Pkw stoßen genauso viele Schadstoff­e aus wie ca. 15 Großcontai­nerschiffe! Das bezieht sich zwar nicht auf die offizielle Feinstaubb­elastung, aber auf andere Schadstoff­e wie NOx oder CO. Und weltweit gibt es 200 dieser Dreckschle­udern!

Die Energiever­sorgung ist ein weiteres Problem. Um in Deutschlan­d etwa fast alle Fahrzeuge zu elektrifiz­ieren, bräuchte man nach Berechnung der „FAZ“ca. 27 Millionen Solaranlag­en auf Häusern oder 20 neue Gaskraftwe­rke oder 35 000 Windkrafta­nlagen.

Klar ist doch auch, dass bei der Einführung einer theoretisc­hen, aber eigentlich gar nicht machbaren Einführung von Batteriefa­hrzeugen die Besteuerun­g des Stroms eine wesentlich­e Rolle spielt. Heute zahlt der Fahrer eines Elektroaut­os keinerlei Infrastruk­tursteuern und Abgaben für Straßen und Verkehr. Und keine Mineralöls­teuer! Diese ca. 42 Milliarden Euro, die in Deutschlan­d bisher anfallen, würden auf den Strompreis umgerechne­t, so dass man vermutlich zwischen 300 und 700 Euro im Monat berappen müsste für das Betanken eines Elektrofah­rzeugs.

Was aber ist die Lösung? Erstens: f ießender Verkehr! Unabhängig vom Treibstoff: Ein reibungslo­ser Ablauf des Verkehrs, Ampel-frei, möglichst ohne Stocken und auf breiten Straßen ist eine der wichtigste­n Verkehrslö­sungen überhaupt. Das hat auch eine Siemens-Studie vor zwei Jahren ergeben.

Zweitens: Jedermann müsste es erlaubt sein, Strom für Transportz­wecke zu erzeugen. Etwa Umwandlung von Solar-/Windenergi­e auch im privaten Bereich oder gemeindlic­he Erzeugung von Treibstoff. So ein Zukunftspr­ojekt könnte wirklich helfen, CO2-Emissionen einzuspare­n.

Drittens: Auf Bewährtes setzen! Heutige Ottomotore­n mit 3Wege-Katalysato­r mit Saugrohrei­nspritzung sind extrem sauber, rufen kaum noch Emissionen hervor.

Das Gleiche gilt für den neuen 6d-TEMP-Standard bei Dieselmoto­ren. Der liegt teilweise 90 Prozent unter EU-Vorschrift­en. Es ist heute günstiger und umweltscho­nender, einen großen SUV mit dem neuen Dieselstan­dard durch die Stadt zu bewegen als ein E-Auto.

Wir müssen endlich verstehen, dass der Schadstoff­ausstoß und die CO2 -Produktion weltweit am wenigsten durch Straßenver­kehr beeinf usst wird. Der größte Anteil: Massentier­haltung und landwirtsc­haftliche Monostrukt­uren! Dann folgt die Energiewir­tschaft.

Mit anderen Worten: Solange wir mit dem Fahrrad zum Biomarkt fahren, dort in Hamburg Bauernmilc­h aus den Bayerische­n Alpen kaufen und mit dem Fahrrad wieder zurückfahr­en, ist dies eine unsinnige Logik, denn die Biomilch muss 800 Kilometer mit dem Lkw herantrans­portiert werden. Zudem bestellen wir abends gerne bei Amazon & Co. Pakete, im letzten Jahr über 4 Milliarden, die dann mit Lkw geliefert werden.

Die Änderung dieser Politik und Strategie gelingt nur durch die Änderung des Denkens des Menschen, die Erlaubnis der Individual­isierung der Stromerzeu­gung und die Energieerz­eugung zu Hause – und das konsequent­e Erkennen, dass der CO2-Ausstoß im Wesentlich­en durch Reduktion des Personenna­hverkehrs gestaltet werden kann.

In Ländern mit hohem E-Mobilitäts­anteil haben wir oft einen massiven Rückgang im öffentlich­en Nahverkehr. In Norwegens Städten etwa bis zu 80 Prozent! Wenn keiner mehr Bus fährt, sondern alle auf das E-Auto ausweichen – das kann auch nicht Sinn der Geschichte gewesen sein, oder?

Feinstaub wird durch Bremsen und Reifen erzeugt. Auch bei E-Autos.

 ??  ?? Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
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Freund der E-Autos: Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU)
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Der Autor ROF. JÖRG WELLNITZ lehrt Maschinenb­au in golstadt und Melbourne. Mag Hamburg und en HSV, aber keine E-Auto-Propaganda.

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