Sanitäter geschlagen? Freispruch für Rentner!
Retter musste sich nach dem Treffer in die Magengrube übergeben. Harburger Amtsrichter: „Keine Beweise für eine Körperverletzung“
„Ihr habt keine Narrenfreiheit, nur weil ihr ein Blaulicht auf dem Dach habt!“Mit diesen Worten soll Rentner Peter B. (77) zwei Sanitäter bedacht haben, als die ihn baten, Platz zu machen für den Rettungswagen. Was wenige Momente später passierte, nennt die Staatsanwältin „asoziales Verhalten“. Der Richter konnte jedoch nur einen „dumm gelaufenen Sachverhalt“erkennen.
21. September 2018, gegen 11.20 Uhr. Die beiden Rettungssanitäter Markus G. (28) und Robert T. (37) sollen eine kranke Patientin aus einer Arztpraxis an der Neuenfelder Straße (Wilhelmsburg) abholen. Vor der Praxis parkt Rentner Peter B. Sie hätten ihn gebeten, ein Stück vorzufahren, sagt Robert T. vor dem Amtsgericht Harburg: „Da sagte er, wir sollen uns verpissen, und wir haben keine Narrenfreiheit.“
Als der Rentner wenige Minuten später zu seinem Auto zurückkehrt, geht Sani Markus G. auf ihn zu – und der betagte Autofahrer soll handgreiflich geworden sein: „Er hat mir den Schlüssel fast in die Nase gesteckt und schlug mich so fest in den Bauch, dass ich mich übergeben musste.“Rentner Peter B., angeklagt wegen Körperverletzung, entschuldigt sich bei dem Retter: „Ich wollte Sie nur zurückstoßen, es tut mir leid.“
Vor dem Richtertisch reichen beide sich die Hände. Trotzdem: „Nach dieser
Aktion habe ich mich von Wandsbek nach Rissen versetzen lassen“, sagt der Sanitäter, „jeden Tag diese verbalen Aggressionen und dann dieser Angriff, das war für mich der Schlusspunkt.“
Die Staatsanwältin fordert 2100 Euro Strafe (70 Tagessätze à 30 Euro) wegen Körperverletzung. Sie ist empört: „Menschen, die anderen helfen, zu schlagen, das ist asoziales Verhalten.“
Amtsrichter Dr. Gunnar Helmers spricht den Rentner frei: „Natürlich wäre es nett gewesen, schnell vorzufahren, aber darum geht es nicht. Es geht um Körperverletzung, und dafür gibt es keine Beweise.“Vielleicht habe der Rentner den Sanitäter „unglücklich getroffen“. Und zum Sanitäter: „Dass man sich wegen so was versetzen lässt, halte ich für etwas übertrieben.“
Die beiden Retter sind enttäuscht. Schon der Polizist, der ihre Anzeige aufgenommen hatte, habe sie gewarnt: „Das bringt nichts. Das ist ein sturer alter Mann.“
Nach dieser Aktion habe ich mich versetzen lassen. Der Angriff war der Schlusspunkt.
Sanitäter Markus G. (28)