Beate Klarsfeld Die Ohrfeige der Nation wird 80
Ihr Protest gegen Kanzler Kiesinger machte die Nazi-Jägerin weltberühmt
PARIS - „War das die Klarsfeld?“, lautete die erste Frage von Kurt Georg Kiesinger. Der Bundeskanzler war bei einem CDU-Parteitag von der damals 29 Jahre alten Beate Klarsfeld geohrfeigt worden. Die DeutschFranzösin wollte 1968 mit der spektakulären Aktion gegen Kiesingers Vergangenheit als Nazipropagandist protestieren.
Klarsfeld wurde direkt nach dem Kanzler-Angriff, der sie weltberühmt machte, von der West-Berliner Justiz zu einem Jahr Gefängnis verurteilt – musste die Strafe aber nicht verbüßen. Die als „Nazi-Jägerin“bekannte und vielfach ausgezeichnete Klarsfeld feiert heute im Kreis der Familie ihren 80. Geburtstag.
Gemeinsam mit ihrem französischen Mann Serge machte sich die gebürtige Berlinerin das Aufde ungeahndeter Nazi-Ver chen zur Lebensaufg Klaus Barbie war d wohl ihr aufsehen erregendst er Fall. Dereinstige Gestapo-Chef und „Schlächter von Lyon“lebte unter dem Decknamen Klaus Altmann in Bolivien. Dort spürten ihn die Klarsfelds auf.
Nachdem die Diktatur in dem südamerikanischen Land gefallen war, wurde Barbie 1983 nach Französisch-Guayana ausgewiesen und kam dann nach Frankreich. Ein Gericht verurteilte Barbie vier Jahre später wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Als ihren wichtigsten Fall bezeichnet Klarsfeld den Kölner Prozess von 1980, als ein Gericht die Nazis Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn der Beihilfe zum Mord an französischen Juden schuldig sprach .„ Die meisten NSVbhlbti sagte Klarsfeld, der es ein Dorn im Auge war, dass sie ihr Leben einfach so weiterleben konnten.
„Der Hartnäckigkeit des Moralisten Serge Klarsfeld aus Paris und seiner Frau Beate war es zu verdanken, dass die Taten von Lischka und Kumpanen überhaupt wahrgenommen wurden“, schrieb damals der „Spiegel“. Die Klarsfelds arbeiteten eng zusammen. Sie lernten sich 1960 auf einem Pariser Bahnsteig kennen. Beate Klarsfeld arbeitete damals als Au-pair-Mädchen. „Serges Vater war in Nizza festgenommen und nach Auschwitz deportiert worden“, erzählt sie.
2012 wurde Beate Klarsfeld von der Partei Die Linke gegen Joachim Gauck als Bundespräsidenten-Kandidatin aufgestellt. Zu dieser Zeit geriet sie wegen früherer DDR-Kontakte in die Kritik. Sie räumt freimütig Zahlungen und Privilegien wie Flugtickets oder Sommerurlaube ein. Sie habe sich aber niemals von irgendjemand instrumentalisieren lassen, sagt sie.
Das Ehepaar Klarsfeld bekam im Juli 2015 in Paris das Bundesverdienstkreuz verliehen. „Die Deutschen werden dich würdigen, aber erst, wenn du alt bist“, hatte Serge seiner Frau schon unmittelbar nach der Kiesinger-Ohrfeige prophezeit. Die nimmt bis heute kein Blatt vor den Mund, warnt vor Rechtsextremismus und Antisemitismus in Europa. Ihr Motto: „Die Geschichte kennt kein Ausruhen.“