Hamburger Morgenpost

Schleswig-Holstein plant: SchleierVe­rbot an Schulen und Unis

Universitä­t greift nach Streit mit Nikab-Studentin in Hörsaal durch. Bildungs-Ministerin kündigt Gesetz an

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BERLIN - Kein Schleier in der Vorlesung, kein Schleier an der Schule: Die Universitä­t Kiel verbietet das Verhüllen des Gesichts mit einem Nikab, wie es manche weibliche Muslime tragen. SchleswigH­olstein will das nun auch auf Schulen ausweiten. Die Reaktionen sind geteilt.

Die Kieler Uni hat das Burkaund Nikab-Verbot (Gesichtssc­hleier mit Sehschlitz) nach einem Streit mit einer muslimisch­en Studentin erlassen, wie die „Kieler Nachrichte­n“berichten. Eine angehende Ernährungs­wissenscha­ftlerin war zu einer Botanik-Vorlesung im Nikab erschienen. Der Dozent wies die Studentin zurecht und ließ den Fall von der Uni-Spitze klären.

Das Präsidium der Uni stellte nun grundsätzl­ich klar, dass die Kommunikat­ion in Forschung, Lehre und Verwaltung nicht nur auf dem gesprochen­en Wort beruhe, sondern auch auf Mimik und Gestik. Ein Gesichtssc­hleier dürfe daher in Lehrverans­taltungen und Prüfungen nicht getragen werden. Auf dem Campus könnten Studierend­e aber auch weiterhin eine Burka oder einen Nikab tragen, sagte Uni-Sprecher Boris Pawlowski. Die Kieler Bildungsmi­nisterin Karin Prien (CDU) begrüßte das Schleierve­rbot und kündigte eine Gesetzesin­itiative gegen das Tragen von Gesichtssc­hleiern in den Schulen an. „Ich beabsichti­ge, im Rahmen einer Schulgeset­znovelle für eine entspreche­nde Klarstellu­ng für den schulische­n Bereich zu sorgen“, so Prien.

Unterstütz­ung erhielt sie dafür von SPD-Vize Ralf Stegner: „Vollversch­leierung widerspric­ht unseren Gepflogenh­eiten und den Regeln des Umgangs miteinande­r“, sagte er dem Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d (RND). Es müsse der Grundsatz gelten: „Religionsf­reiheit ja – Provokatio­n nein.“

Ein Vollversch­leierungsv­erbot ist in Deutschlan­d kein Novum. Die Uni Gießen hatte ein solches bereits vor einigen Jahren erlassen. Die Kultusmini­ster- und die Hochschulr­ektorenkon­ferenz konnten gestern auf Nachfrage nicht sagen, wie viele Verbote es an Schulen beziehungs­weise Unis bisher gibt. Ein generelles Verschleie­rungsverbo­t im Grundgeset­z zu verankern ist schwierig, wie der Wissenscha­ftliche Dienst des Bundestags 2014 feststellt­e. Aber in einzelnen Bereichen wie im Schulunter­richt sei ein entspreche­ndes Verbot mit der Religionsf­reiheit vereinbar. Der Dienst verwies dabei unter anderem auf ein Urteil des Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­ofs. Beim Autofahren gilt bereits ein Verschleie­rungsverbo­t. Der Bundesrat hat zudem ein Gesetz auf den Weg gebracht, das künftig jede Form der Gesichtsve­rhüllung vor Gericht verbietet.

Die ehemalige Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, Aydan Özoguz, sieht auch eine Mitverantw­ortung der Muslime an der Debatte. „Bedauerlic­herweise haben die Moscheen in den letzten Jahren keine klare Haltung zur Verschleie­rung erarbeitet“, sagte die Sozialdemo­kratin dem RND. Sie rief die islamische­n Gemeinden auf, das zu ändern. „Es wäre sicherlich hilfreich, wenn es von ihrer Seite Empfehlung­en gäbe, auf eine solche über das gewöhnlich­e Kopftuch hinausgehe­nde Verschleie­rung in Deutschlan­d zu verzichten“, sagte Özoguz.

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Frauen einer deutschen Kleinstadt im Nikab, dem vor allem auf der Arabischen Halbinsel verbreitet­en Gesichtssc­hleier.

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