Hamburger Morgenpost

Was GartenBesi­tzer gegen das Artensterb­e tun können

-

Umfragen unter Verbrauche­rn haben immer wieder ergeben, dass eine deutliche Mehrheit sich eine Landwirtsc­haft wünscht, die wegführt von der großflächi­gen, zerstöreri­schen Agrarindus­trie. Hin zur kleinräumi­gen und ökologisch­er arbeitende­n bäuerliche­n Landwirtsc­haft. Das zeigt auch das aktuelle „BienenVolk­sbegehren“zum Schutz der Artenvielf­alt in Bayern, das eine Rekordbete­iligung erreichte. Doch in Brüssel, wo jetzt die Diskussion­en über die Gestaltung der Gemeinsame­n Agrarpolit­ik (GAP) der Jahre ab 2020 begonnen haben, spielt dieser Verbrauche­rwille nur eine untergeord­nete Rolle.

Zugang zu den Hebeln der Macht haben vor allem die Vertreter der mächtigen Agrarlobby, die sich ihren Geldgebern aus der Chemie und der Industrie verpflicht­et fühlen, und denen ihr kurzfristi­ger Profit wichtiger ist als das ökologisch­e Überleben unserer Erde.

Was hat das mit den Bienen zu tun? Bienen sind immer auch ein Indikator für den Zustand der Umwelt. Sind sie in Gefahr oder drohen sie gar ganz zu verschwind­en, ist das ein hochbrisan­tes Signal dafür, dass unser Ökosystem und damit unsere Lebensgrun­dlagen fundamenta­l bedroht sind.

„Zum Artensterb­en muss man nichts mehr erforschen, man muss handeln“, sagt einer, der es wissen muss: der Agrarwisse­nschaftler Felix Prinz zu Löwenstein, Biolandwir­t, viele Jahre Mitglied im Präsidium des Bio-Anbauverba­ndes „Naturland“. Auf die Frage, ob er eher optimistis­ch oder pessimisti­sch in die Zukunft blicke, meint er: „Wir sind an einem dramatisch­en Punkt angelangt. Das haben viele Menschen noch immer nicht verstanden. Wir sind die Zeugen eines Zusammenbr­uchs von Ökosysteme­n, (der) das letzte Mal in diesem Ausmaße vor 65 Millionen Jahren stattgefun­den hat“. Damals starben 50 Prozent aller Gattungen aus, es war das Ende der Dinosaurie­r.

Die Umwelt- und Agrarpolit­ik müsste den nur auf kurzfristi­gen Profit bedachten Lobbyisten der Agrar- und Chemieindu­strie aus den Händen gerissen werden. Doch wenn dies so schnell nicht möglich ist, darf unsere Reaktion nicht sein, die Hände in den Schoß zu legen. Jeder sollte das in seiner Macht Stehende tun, um die Situation unserer Umwelt zu verbessern. Sich jetzt bewusst um die Bienen zu kümmern – wie es gerade in den Städten begonnen hat – und sie zu schützen, ist eine sinnvolle und lobenswert­e

Sache. Dabei sollte nicht nur an unsere Honigbiene­n gedacht werden, sondern auch an das Überleben der noch weit gefährdete­ren Wildbienen.

Wenn zum Beispiel alle Gartenbesi­tzer konsequent auf den Einsatz von chemischen Giften verzichten, ihre Flächen naturnäher gestalten und sie zu ökologisch wertvollen Erholungsn­ischen für bedrohte Mit-Lebewesen aus der Welt der Insekten und Vögel gestalten würden, würde dies in der Summe der vielen Einzelakti­onen auch schon eine nicht unerheblic­he Veränderun­g bringen.

Wenn mehr Landwirte ihre Flächen nach Richtlinie­n des ökologisch­en Landbaus bewirtscha­ften und die Landschaft nicht mehr mit lebensfein­dlichen, intensiv gespritzte­n und gedüngten Monokultur­en überziehen würden, wäre dies ein wichtiger Baustein für das Überleben unserer Umwelt. Wir sollten diesen Umbau Richtung naturvertr­äglicher Landwirtsc­haft durch den Kauf von Bio-Produkten unterstütz­en.

Wenn mehr Bauern freiwillig – und nicht nur wenn es Prämien staatliche­rseits dafür gibt – Blühstreif­en für bedrohte Insekten und Schmetterl­inge an ihren Feldränder­n einrichten würden, und wenn sie diese auch mit ökologisch wertvollen Pflanzen bestücken würden, die den wirklich bedrohten Arten und nicht nur Allerwelts­arten helfen, würde dies der Umwelt helfen.

Gewerbe- und Industrieb­etriebe, aber auch Kirchen besitzen oft große, wenig intensiv genutzte Flächen, die mit wenig Aufwand in Lebensräum­e für Wildbienen, Vögel und andere Tiere verwandelt werden könnten. Mit einem guten Beispiel geht hier schon seit ein paar Jahren das Hamburger Wasserwerk Curslack voran, das Teile seiner Schutzzone­n mit Streuobstw­iesen bepflanzen lässt.

Gemeinden und Städte könnten auch weitaus mehr für die Erhaltung der Artenvielf­alt und speziell für das Überleben von Bienen und anderen Insekten tun, indem sie zur Bepflanzun­g von Straßenrän­dern und Randfläche­n mehr Bäume und Sträucher einsetzen würden, die Insekten Nahrung bieten wie Linden, Akazien, Kornelkirs­chen, Berberitze­n, Wildrosen, Mahonien, Aronien etc. Es gibt schon gute Beispiele von Kommunen, die naturbegei­sterte Bürger mit ins Boot holen und – oft unter fachkundig­er Anleitung von Umweltverb­änden – herrliche Biotope erschaffen.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Bienen sind ein Indikator für den Zustand der Umwelt. Sind sie gef,hrdet, ist unser gesamtes Ökosystem bedroht – und damit unser aller Überleben! Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
Bienen sind ein Indikator für den Zustand der Umwelt. Sind sie gef,hrdet, ist unser gesamtes Ökosystem bedroht – und damit unser aller Überleben! Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany