Kinder bald ohne Smartphones?
JUGENDSCHUTZ Beraterin des Bundes will Verbot für unter 14-Jährige durchsetzen
Selbst Grundschüler verbreiten Nacktbilder von Gleichaltrigen über ihr Smartphone. Jetzt meldet sich Julia von Weiler (49), Psychologin und eine der bekanntesten Expertinnen für sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Deutschland, zu Wort und schlägt Alarm. Täter und Opfer werden immer jünger“, warnt von Weiler. Dabei gehe es bereits um Neun- bis Elfjährige, die pornografische Bilder anschauten oder Selbstbefriedigungsvideos von Gleichaltrigen verbreiteten, so die Geschäftsführerin des Vereins Innocence in Danger, den sie einst zusammen mit Stephanie zu Guttenberg, der Frau des früheren Bundesverteidigungsministers, führte.
Von Weilers Forderung: ein Smartphoneverbot für Kinder unter 14 Jahren. „So, wie wir Kinder vor Alkohol oder anderen Drogen schützen, sollten wir sie auch vor den Risiken einer zu frühen Smartphonenutzung schützen“, begründet sie ihren Vorschlag. Hintergrund: Die Polizeibehörden registrieren einen Anstieg der Anzeigen in diesem Bereich. Allein in Berlin sind im Schnitt alle zwei Wochen Ermittler in einer Schule, um einschlägigen Hinweisen nachzugehen.
Von Weiler berät die Bundesregierung. Konkret: Sie ist Mitglied im Fachbeirat des Missbrauchsbeauftragten, Johannes-Wilhelm Rörig. Der ist gegen Denkverbote. Eine gesetzliche Altersbeschränkung für Smartphones wäre möglicherweise „eine schnelle und vermeintlich einfache Lösung“. Aber Rörig schränkt ein: Die Umsetzung würde das Grundproblem des fehlenden Schutzes im Netz nicht lösen. Ähnlich sieht es CDU-Politiker Thorsten Frei, Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag, der jüngst ein Positionspapier zum Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern mit geschrieben hatte. Die Forderung nach einem Smartphoneverbot zählt nicht dazu.
CDU-Mann Frei (45): Man müsse sich die „erheblichen“Risiken ansehen und prüfen, wie man ihnen begegnen könne. „Dabei sollten wir aber vor allem auch die Verantwortlichkeit der Eltern in den Blick nehmen“, so der CDU-Politiker, „und uns fragen, ob technische Inhaltseinschränkungen zum Schutz der Kinder als milderes Mittel infrage kämen.“
In der IT-Branche hält man nichts von Verboten. „Smartphones sind für die allermeisten Menschen unverzichtbare Begleiter in allen Lebenslagen – auch für Kinder und Jugendliche“, so Achim Berg, Präsident des Branchenverbandes Bitkom, zum RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Zwei Drittel der Zehn- bis Elfjährigen besitzen ein eigenes. Sie nutzen es, um mit Freunden und der Familie zu kommunizieren, um sich in fremder Umgebung zurechtzufinden oder um Musik zu hören und Videos zu schauen – wie wir Erwachsene auch.“Verbote seien zwar schnell gefordert, aber bewirkten oft das Gegenteil: „Kinder und Jugendliche sollten frühzeitig lernen, verantwortungsvoll mit Smartphones umzugehen.