Der Sommer ist nie wirklich lange weg
In Porto ist es auch im Winter mild. Dann kann man eine andere Seite der Stadt kennenlernen
Von A. STAHL
Es ist Mitternacht, Möwen kreischen. Ein Mann läuft im T-Shirt vorbei. Auf dem weitläufigen Rathausplatz stehen Stühle, als warteten sie auf Flaneure, die sich ausruhen wollen. Die Luft ist mild. Porto bis März: Das sind meist milde Temperaturen, oft Regen, aber auch Sonne. In der Küstenstadt, wo der Douro in den Atlantik mündet, können Reisende den Winter getrost vergessen.
Schon Spazierengehen reicht. An Sonnentagen beschleicht einen das Gefühl, der Sommer wäre nur mal kurz Zigaretten holen. Portuenser gehen an solchen Tagen, die fast warm sind, ins Meer. Wenigstens bis zu den Knien, wie André Apolinário erzählt.
Der 37-Jährige führt durch die Stadttour Taste Porto und will Besuchern auf Stippvisiten in Cafés und Restaurants die portugiesische Küche näherbringen. Apolinário reicht Folar, eine Art herzhaften Kuchen mit dicken Wurststücken. Sofort freut man sich, dass man dem deutschen Winterdreiklang aus Linsen-, Kürbis- und Hühnersuppe entkommen ist. Die Begeisterung, die der Portuenser an den Tag legt, wenn er Stockfisch, Wurst aus Enten-, Kaninchen-, Wachtel- und Hühnerbrustfleisch oder süßes Gebäck vorsetzt, kauft man ihm ab. Mit ausladenden Gesten beschreibt er, aus welcher Region die Produkte kommen, betont, wie gerne die Portugiesen gemeinsam essen und erzählt Geschichten zu den Läden, durch die er führt.
Bei Portwein endet die fast vierstündige Tour. Apolinário stellt Davide Ferreira vor, der bei den großen Portweinherstellern auf der anderen Seite des Douro arbeitete – bis er beschloss, seinen Weinladen Touriga aufzumachen. „Ich wollte mein eigenes Ding machen“, sagt der 40-Jährige und bestätigt den Eindruck, den man nach kurzer Zeit von Porto hat: Junge Menschen eröffnen Läden, probieren sich aus, es wird gebaut und renoviert, die Stadt ist im Aufbruch.
Wenn es in Porto regnet, dann erinnert die Stadt eher an London als an Sommer. Die Freundlichkeit der Einwohner ist bemerkenswert. Weder strömender Regen noch Touristenscharen scheinen sie aus der Ruhe zu bringen. Apolinário sagt, er liebe Porto im Regen.
Die vielen Cafés sind gute Rückzugsorten an verregneten Tagen. Aber Porto ist auch reich an Museen. Mit Kindern kann man in der interaktiven World of Discoveries auf den Spuren portugiesischer Seefahrer wandern. Sportfans vergnügen sich im Museum des FC Porto. Porto hat viele solcher Gesichter, die im Sommer, wenn Strand und Wasser locken, eher untergehen.